»Das Prüfungsamt ist der Endgegner«

»Das Prüfungsamt ist der Endgegner« © Illustration von Angelika Schaefer

Wer nach dem Abi ein Stu­dium beginnt, will sich erst einmal ins Uni­le­ben stür­zen und drauf­los stu­die­ren. Am Ende des Stu­di­ums fragt man sich, was man anders oder besser gemacht hätte. Ein Gespräch mit Wirt­schafts­wis­sen­schaft­le­rin Sophie*, Sozio­lo­gie­stu­dent Gerald* und Maschi­nen­bau­in­ge­nieur Fer­di­nand* zeigt: Die büro­kra­ti­schen Hürden an den Hoch­schu­len haben allen die größ­ten Schwie­rig­kei­ten bereitet.

Sophie, du hast dein Studium an der FU gerade abgeschlossen. Gerald und Ferdinand, ihr seid an der TU kurz davor. Blickt nun zurück und stellt euch vor, ihr könntet euer Studium noch einmal von vorne beginnen. Gibt es etwas, das ihr anders gemacht hättet?

Sophie: Ich würde es wahr­schein­lich noch einmal so machen, weil es mich dort­hin gebracht hat, wo ich jetzt bin. Mit meinem Bache­lor­stu­dium an der FU bin ich zufrie­den. Der Master an der­sel­ben Uni hat mich fach­lich jetzt nicht wirk­lich wei­ter­ge­bracht. Aber so konnte ich bei meinem Freund blei­ben und hatte die Mög­lich­keit ins Aus­land zu gehen. Das hat mich auf jeden Fall wei­ter­ge­bracht, fach­lich, aber auch auf einer per­sön­li­chen Ebene.

Fer­di­nand
: Inhalt­lich bin ich auch zufrie­den. Den Master in Fer­ti­gungs­tech­nik würde ich noch­mal machen.

Gerald: Ich würde auch noch einmal das­selbe stu­die­ren, auch wenn ich am Anfang an der TU Berlin einige Pro­bleme hatte.

Zum Beispiel?

Gerald: Da ich erst für den Master an die TU gekom­men bin, war es für mich anstren­gend, Grund­wis­sen auf­zu­ho­len, das viele meiner Kom­mi­li­to­nen bereits hatten, weil sie schon im Bache­lor am selben Insti­tut waren. Mein Bache­lor hatte ganz andere inhalt­li­che Schwer­punkte. Außer­dem habe ich mich mit orga­ni­sa­to­ri­schen Dingen nur schwer zurecht­ge­fun­den. Die TU ist manch­mal absurd. Im ersten Semes­ter sagt dir keiner, dass die Online-Sys­teme der totale Rein­fall sind.

Fer­di­nand
: Das kann ich bestä­ti­gen. An der TU gibt es drei Online-Sys­teme für Noten usw. Die funk­tio­nie­ren alle nicht. Einmal wurde mir trotz elek­tro­ni­scher Noten­ein­tra­gung ein­fach nicht mit­ge­teilt, dass ich in einem Modul durch­ge­fal­len war. Ich war schon ein paar­mal an dem Punkt, wo ich dachte, jetzt werde ich exma­tri­ku­liert. In so einem Fall muss man zum Prüfungsamt…

Die bürokratischen Hürden an den Hochschulen haben den Studierenden die größten Schwierigkeiten bereitet. © Illustration von Angelika Schaefer

Die büro­kra­ti­schen Hürden an den Hoch­schu­len haben den Stu­die­ren­den die größ­ten Schwie­rig­kei­ten berei­tet. © Illus­tra­tion von Ange­lika Schaefer

Wie müssen sich Studierende dann verhalten?

Fer­di­nand (grinst): Am besten so als wäre es der schlimmste Notfall.

Gerald
: Aber nur, wenn du etwas echt drin­gend brauchst.

Fer­di­nand
: Stimmt. Das Prü­fungs­amt ist der End­geg­ner. Wenn du es dir mit denen ver­scherzt hast, kommst du an der Uni nir­gendwo hin. Komisch finde ich, dass das Prü­fungs­amt weder zu Stu­die­ren­den noch zu Leh­ren­den ein gutes Ver­hält­nis hat. Die sagen immer erst: »Das geht nicht«.

Sophie
: Also bei uns an der FU sind die eigent­lich ganz ok.

Fer­di­nand
: Die sind alle ganz ok, aber du musst immer erst diese Hürde schaf­fen, dass sie über­haupt bereit sind, dir zu helfen.

Gibt es neben dem Umgang mit dem Prüfungsamt noch andere Dinge, die ihr gelernt habt?

Sophie: Mein Aus­lands­se­mes­ter war viel teurer als erwar­tet. Ich habe gelernt, dass man sich nie auf das BAföG ver­las­sen kann, schon gar nicht im Aus­land. Wenn du ins Aus­land willst, musst du genug Rück­la­gen haben, um auch ohne För­der­gel­der aus­zu­kom­men. Oder du musst Eltern haben, die dir helfen. Beim Eras­mus­stu­dium in Paris habe ich nur einen Bruch­teil von dem erhal­ten, was ich eigent­lich brauchte: ins­ge­samt knapp 600 Euro und das mit einer Ver­zö­ge­rung von vier Mona­ten. Das Geld hätte nicht einmal gereicht, um eine Monats­miete in Paris abzudecken.

Fer­di­nand
: Außer­dem musst du vor deinem Aus­lands­auf­ent­halt abklä­ren, welche Kurse dir zu Hause ange­rech­net werden. Im Nach­hin­ein kannst du das an der TU vergessen.

Sophie
: Des­halb musste ich vorher ein »lear­ning agree­ment« abschlie­ßen. Das ist ein Ver­trag dar­über, welche Punkte dir ange­rech­net werden. Der wird von dir und deiner Hoch­schule im Vor­feld unter­schrie­ben. Dann müssen die das später anrechnen.

Gerald
: Das Wich­tigste, was ich gelernt habe ist: Nie­mals ande­ren Stu­die­ren­den ver­trauen, wenn sie sagen: »Ich habe gehört, dass das so ist.« Einzig und allein die Prü­fungs­ord­nung ist relevant.

Sophie
: Ganz genau. Was ich jedem Erst­se­mes­ter mit­ge­ben würde, ist: Lies dir zu Beginn die Stu­dien- und Prü­fungs­ord­nung durch. Das erspart dir so viele Pro­bleme und hilft im Übri­gen auch den Stun­den­plan zu erstellen.

Gibt es etwas im Studium, das ihr gerne früher gewusst hättet?

Sophie: Nie­mals davon aus­ge­hen, dass es jeman­den gibt, der sich für dich ver­ant­wort­lich fühlt. Es fühlt sich näm­lich nie jemand ver­ant­wort­lich. Ich wäre zum Bei­spiel froh gewe­sen, wenn mir jemand gesagt hätte, dass man nach dem vier­ten Semes­ter bestimmte Leis­tungs­nach­weise braucht, um wei­ter­hin BAföG zu bekommen.

Fer­di­nand
: Ich wusste anfangs nicht, dass viele Kurse zulas­sungs­be­schränkt sind. Es ist schon vor­ge­kom­men, dass ich in eine Lehr­ver­an­stal­tung kam und dann erfah­ren habe, dass alle Plätze bereits am Tag zuvor ver­ge­ben wurden. Wer sich vorher nicht per Mail ange­mel­det, son­dern sich nur von Hand in eine Liste ein­ge­tra­gen hatte, war raus. Was ich auch nicht wusste: Wenn zwi­schen Ende des Bache­lors und Anfang des Mas­ters einer oder zwei Monate Zwi­schen­zeit liegen, bekommt man für diese Zeit kein BAföG. Da müsste man eigent­lich Hartz IV bean­tra­gen… Ein guter BAföG-Bera­ter hätte wirk­lich geholfen.

* Die Namen wurden geän­dert, da die Gesprächs­teil­neh­me­rIn­nen befürch­te­ten, Pro­bleme mit dem Prü­fungs­amt zu bekommen.