Dahlems Erinnerungen
Hinter Dahlemer Wissenschaftsfassade verbirgt sich eine dunkle Geschichte. Studenten sind ihr nachgegangen.
Am Anfang stand eine Idee: ein Deutsches Oxford. Einst war Dahlem als Wissensinsel in Anlehnung an die britische Universität geplant. Im Kaiserreich wurde der Ort bald zu einem Zentrum der deutschen Wissenschaft. Das Kaiser-Wilhelm-Institut gründete zahlreiche Institute, die der Forschung auf dem neusten Stand der Wissenschaft dienen sollten.
Neben aneinandergereihten Villen von Gutbetuchten und vereinzelten Studenten verbirgt Dahlem viele Geschichten, die 40 FU-Geschichtsstudenten im Sommer erforschten. Mit Prof. Dr. Wolfgang Wippermann spazierten sie durch Berlins Vorort, um dessen Historie sichtbar zu machen.
Unsichtbare Geschichte Dahlems
Bereits in der Kaiserzeit bereiteten einige Entwicklungen dem späteren dunklen?g Zeitalter im 20. Jahrhundert den Weg. Die Kernspaltung Hahns und Meitners fand im heutigen Chemie-Institut der FU Berlin statt. Kleine Gedenktafeln verweisen auf dieses Ereignis, dass dann im 2. Weltkrieg zur Entwicklung der Atombombe führte.
Angesichts seiner geschichtlichen Bedeutung wird dem Otto-Hahn-Bau relativ wenig Beachtung geschenkt. Das gilt auch für das Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, in dem sich einst das kaiserliche Institut für Anthropologie befand. Die Fliesen im Keller des Gebäudes erinnern an die Forschung?g der Mitarbeiterin Karin Magnussen, die sich besonders ausgiebig mit menschlichem Augenmaterial?g befasste. Dieses erhielt sie größtenteils aus dem Konzentrationslager Auschwitz als “Feuchtpaket?”.
Solch stumme Erinnerungsorte hat Dahlem reichlich. Die versteckte Villa im Dol, deren blühender Kirschbaum ins Auge fällt, diente als Ausarbeitungsort des Generalplans Ost?g zur Entjudung deutschen Kulturbodens?g. Die Studenten erzählen die Geschichten, die sich hinter den kleinen Gedenktäfelchen verbergen.
Studenten machen Wissenschaft
Aus Professor Wippermanns Idee entstand ein gemeinsames Buch. Die beteiligten Studenten taten dafür das, was sie am besten können: Hausarbeiten schreiben. Sie betreuten auch die Redaktion und Herausgabe der Arbeiten. So entstand mit Unterstützung der Ernst-Reuter-Gesellschaft eine Geschichte über den Studien- und Forschungsort Dahlem, geschrieben und herausgegeben von denen, die dort wohl auch ein Großteil ihrer Zeit verbringen: Studenten.
Das Buch richtet sich an alle Interessierten, die Geschichte verorten, Geschichte nachlaufen wollen, um jene Orte kennenzulernen, an denen sich wichtige und bekannte Ereignisse im Zuge der atomaren und Gas-Forschung, der Rasse und Zigeunerforschung?g sowie dem Terror und Widerstand im Zeitalter des Nationalsozialismus abgespielt haben.