Fairness statt Ausbeutung
Sehr gut abgeschlossenes Studium, Teamfähigkeit,
mindestens drei Monate Praktikumserfahrung.
So klingt die typische Anzeige für Studierende
und Absolventen, sei es für einen Job,
Nebenjob oder eben ein Praktikum. Wer nach
dem Studium auf eine Festanstellung hoff t, befi ndet
sich fortwährend im Strudel der praktischen
Qualifi zierung. Dabei gilt zunehmend das Credo:
Nach dem Praktikum ist vor dem Praktikum.
Eigentlich dienen Praktika der Berufsorientierung, des angewandten Lernens sowie des Aufbaus eines karrierefördernden Netzwerkes. Jedes absolvierte Praktikum reichert den Lebenslauf mit den Exzellenzzutaten psychische Belastbarkeit, Teamfähigkeit und Sprachkenntnisse an und füllt so die unansehnlich weißen Löcher zwischen Abiturdurchschnitt und Hobbys.
Für Unternehmen bedeuten Praktika im ursprünglichen Sinn die Sichtung und Bindung des qualifizierten Nachwuchses. Die derzeitige Arbeitsmarktsituation lässt aber durchaus Bedenken zu, dass Praktikanten mittlerweile Schritt für Schritt den festen Arbeiterstamm von Unternehmen bilden, ohne entsprechend für ihren Anteil an der betrieblichen Wertschöpfung entlohnt zu werden. Zusätzlich haben laut einer Studie des deutschen Hochschulinformationssystems (HIS) mehr als 50 Prozent der Praktikanten keinen klaren Aufgabenplan. Dass dies nicht mehr nur ein deutsches Problem ist, zeigen die Entwicklungen in Frankreich, Spanien, Italien und jüngst auch Großbritannien. Allein in Frankreich und Deutschland gibt es jedes Jahr mindestens 1,5 Millionen Praktikanten.
Das von der DGB-Jugend mitbegründete Praktikanten-Netzwerk Generation P” hat sich der Aufgabe verschrieben, europaweit geltende Richtlinien für Praktika zu erwirken. In Zusammenarbeit mit der EU-Kommission soll 2008 eine Qualitätscharta veröffentlicht werden, sodass Praktika mit geringem oder gar keinem Entgelt, begrenztem Weiterbildungswert und unbegrenzter Dauer der Vergangenheit angehören. Der Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit, Vladimir Spidla, fasst die Situation zusammen: Praktika können ein Türöffner zur Beschäftigung sein, aber junge Menschen, die sich von einem Praktikum zum nächsten hangeln, ohne Aussicht auf reguläre Arbeit, und das dann auch noch ohne bezahlt zu werden, das ist skandalös!”
Die Bundesparteien reagieren unterschiedlich auf die Forderungen der Interessenvertretungen. Während die SPD einen Ausgleich von Sicherheit und Flexibilität bei Praktika fordert und Kettenpraktika ablehnt, fordern die Grünen mehr Perspektiven für Jungakademiker. Die FDP sieht es auf Basis einer durch die HIS veröffentlichten Studie als erwiesen an, dass es ein Massenphänomen Generation Praktikum?f nicht gibt”.
Damit der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission tatsächlich zur Direktive wird, müssen nächstes Jahr das Parlament sowie der Europäische Rat zustimmen. Um den Druck auf die Politik zu erhöhen, kann jeder die Online-Petition unterschreiben:
Weitere Informationen:
- Petition ans Europaparlament: www.generation‑p.org/de/Petition