Scannen, Lesen, Verstehen

Im Kurs „Impro­ved Rea­ding“ übt man an zwei Tagen, sein Lese­tempo erheb­lich zu stei­gern. Auch unspan­nende Lek­türe wird so kon­zen­triert bewäl­tigt. Das Trai­ning besei­tigt viele Lese­feh­ler und schult die Blickführung.

Improved Reading hilft, sich durch Bücherstapel durchzuarbeiten. Illustration: Hannes Geipel Improved Reading hilft, sich durch Bücherstapel durchzuarbeiten. Illustration: Hannes Geipel

Stu­den­ten sind Viel­le­ser. Doch kaum einer schöpft seine Kapa­zi­tä­ten beim Lesen voll aus. Wie man effi­zi­ent liest, muss man lernen und üben. Des­halb lohnt es sich, gerade zu Beginn des Stu­di­ums seine Lese­tech­nik zu ver­bes­sern, indem man die Fähig­kei­ten seiner Augen und seines Gehirns opti­mal nutzt. Der erste Schritt kann ein Lese­kurs wie „Impro­ved Rea­ding“ sein.

Textberge bewältigen

Jeder, der schon mal eine [int­link id=“502” type=“post”]Hausarbeit[/intlink] geschrie­ben hat, kennt das erdrü­ckende Gefühl, vor einem rie­si­gen Berg an Lite­ra­tur zu sitzen und nicht zu wissen, wo man anfan­gen soll. Hat man sich erst mal über­wun­den, liest man sich fest, ver­bringt stun­den­lang mit einem Text, um später fest­zu­stel­len, dass der Inhalt vom Thema abschweift. Dieses Dilemma ent­steht meist nicht aus Mangel an Dis­zi­plin, son­dern aus Mangel an der rich­ti­gen Lesetechnik.

Lesen beginnt schon damit, sich bewusst zu machen: Muss ich nur grob wissen, worum es geht? Dann mache ich eine Vor­aus­schau, bei der ich jede Seite nur etwa acht Sekun­den lang anschaue. Suche ich nach bestimm­ten Schlag­wör­tern? Dann „scanne“ ich den Text Zeile für Zeile, ich über­fliege ihn jedoch nicht wirr im Zick-Zack, springe vor und zurück und lasse mir dabei wich­tige Stel­len durch die Lappen gehen. Der unter­schied­li­che Umgang mit Texten je nach Anfor­de­rung ist nur ein Bestand­teil von Impro­ved Reading.

Lesefehler bekämpfen

Das Zurück­sprin­gen im Text ist einer der häu­figs­ten Lese­feh­ler. Man liest eine Text­stelle zwei­mal, weil man glaubt, sie über­le­sen zu haben. Das geschieht ganz schnell und teils unbe­wusst, ver­lang­samt in der Summe aber unnö­tig das Tempo. Was im Kopf ankommt, ist ein bruch­stück­haf­ter Satz ohne Sinn. Mit etwas Übung und höhe­rem Selbst­ver­trauen kann man diesen Lese­feh­ler besei­ti­gen. Unsere Auf­fas­sungs­gabe ist mit einer Vier­tel­se­kunde pro Blick unglaub­lich schnell – wir müssen nur unse­ren Augen ver­trauen und ein biss­chen Dampf machen.

Im Lese­trai­ning wird des­halb zuerst der Blick geschult. Die Teil­neh­mer üben unter Zeit­druck, Sym­bole oder Zah­len­grup­pen nach­ein­an­der zu fokus­sie­ren. Die man­gel­hafte Fixie­rung des Bli­ckes ist näm­lich ein wei­te­res Pro­blem. Unser Blick muss einen Moment lang auf einer bestimm­ten Stelle im Text ruhen, damit wir scharf sehen. Jedes Wort ein­zeln zu fixie­ren würde viel zu lange dauern. Unser Blick glei­tet aber auch nicht über den Text, über­fliegt ihn also, denn so würde alles ver­schwim­men. Der Kurs gibt hilf­rei­che Anlei­tun­gen dazu, wie man das Blick­feld, in dem man klar sieht, und das peri­phere Sehen maxi­mal aus­schöpft. Man lernt, seinen Blick bewusst zu steu­ern und vor allem schnell über den Text zu bewegen.

Eine Frage der Konzentration

Kaum ein wis­sen­schaft­li­cher Text ist so packend wie ein [int­link id=“749” type=“post”]Krimi[/intlink]. Des­halb ertappt sich auch ein guter Leser dabei, einen ganzen Abschnitt gele­sen, aber nichts vom Inhalt auf­ge­nom­men zu haben. Das liegt an einer ganz natür­li­chen Reaktion­ unse­res Gehirns, das beim Lesen nicht voll aus­ge­las­tet ist. Nur etwa 25 Pro­zent der Denk­leistung werden im gemüt­li­chen Lese­tempo bean­sprucht. Wäh­rend die Augen Zeile für Zeile abtas­ten, stellt man sich in Gedan­ken sein Mensa-Menü zusam­men oder lässt den letz­ten Streit mit dem Mit­be­woh­ner Revue pas­sie­ren. Es gibt Tricks, den­noch kon­zen­triert zu blei­ben. Zum Bei­spiel sollte man gerade dann, wenn die Auf­merk­sam­keit nach­lässt, schnel­ler lesen, um das Gehirn stär­ker zu for­dern. Dann sinkt sein Bedürf­nis, sich neben­bei mit ande­ren Dingen zu beschäftigen.

Es lohnt sich

Im Durch­schnitt lesen die Deut­schen 200 Wörter pro Minute (WpM). Nach kurzer Übung lässt sich das Tempo auf 400 WpM ver­dop­peln – ohne beim Ver­ständ­nis ein­zu­bü­ßen. Impro­ved Rea­ding hilft, per­sön­li­che Schwä­chen zu erken­nen und schafft Selbst­ver­trauen. Danach liegt es an jedem selbst, die neu erlern­ten Tech­ni­ken zu trai­nie­ren. Wer besser liest, näm­lich zügig und mit hohem Ver­ständ­nis, kann die gesparte Zeit für andere Dinge nutzen. Zum Bei­spiel für den Roman, der seit langem auf dem Nacht­tisch liegt. Auch nach dem Lese­kurs darf man sich guten Gewis­sens damit aufs Sofa kuscheln und die lite­ra­ri­schen Ergüsse des Autors auf sich wirken lassen. Schnel­ler auf der letz­ten Seite ankom­men wird man trotzdem.

Weitere Informationen

„Impro­ved Rea­ding“ wird als zwei­tä­gi­ger Kurs angeboten.
Im Uni­kurs zahlen Stu­den­ten 175 Euro, Bafög-Emp­fän­ger 100 Euro.
Die Kurse finden monat­lich statt. Die nächs­ten Uni­kurse sind am 24./25. Sep­tem­ber 14./15. Okto­ber und 26./27. November.
www.improved-reading.de

Über Inga Lín Hallsson (8 Artikel)
BA 2004-2007 an der Uni Bonn und Sorbonne in Paris in Deutsch-französiche Studien, danach 2007-2009 MA an der FU Berlin in Sprachen Europas. Jetzt Volontärin beim TASCHEN Verlag in Köln.