Kürschners Kaffeeklatsch 10.1. — 16.1.
Warum die Sexualwissenschaft verliert, Föhnfriesen dem Hähnchen weichen mussten und die jüdische Kultur der Gewinner ist.
Das Periodensystem sorgte schon immer für Aufregung. Die Jungs in der Schule giggelten jedes Mal, wenn es darum ging, die Mädchen liefen hingegen rot an. Später musste man gemeinsam über ferrum und plumbum lachen (Wer denkt sich nur solche Namen aus???!) Das war dieselbe Zeit, als Ferris MC mit seinem großem Gesicht Angst machte. Oh gruselig-grausige Schulzeit. Wer jetzt weiterlachen will — und zufällig kein(e) Chemiestudent(in) ist, der sollte mal das Periodensystem der paranormalen Aktivitäten anschauen, das uns auch heute wieder zum Giggeln bringt. Obwohl es gewagt ist, die Numerologie als Pseudowissenschaft zu bezeichnen. In den USA wird es heute noch vermieden zugeben zu müssen, dass man in einem 13. Stockwerk wohnt. Und dass es schlecht für die Chakren ist ein Hotelzimmer mit der Zahl 13 zu nehmen, steht außer Frage.
Ähnlich unterhaltsam sind Frauen, die dieselbe Frisur wie das Jüngelchen Justin Bieber tragen. Der Unterschied zwischen Justin und den lustigen Lesben: Ihnen steht die vermeintliche Föhnfrisur. Aber man muss ja gestehen, das ist ja fast schon wieder Schnee von gestern. Die fiese Friese ist ja runter, Justin hat sich neu gefunden oder zumindest ist er auf die Suche nach einem neuen Style gegangen — man wird ja auch älter. Das neueste Justin-Thema: sein kläglicher, blasser Oberkörper. Bald wird es also auch diese Seite gehen: Gefrorene Hähnchenschenkel, die wie Justin Bieber tanzen.
Was es nach momentanen Prognosen bald nicht mehr geben wird, ist der Lehrstuhl für Indologie in Kiel. 2013 wird der Lehrstuhlinhaber an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel abtreten und dann werden in Kiel die Türen geschlossen. Dann gibt es in Deutschland noch 17 Lehrstühle für dieses Orchideenfach. Ein weiteres betroffenes Fach, man sollte es nicht glauben: die Sexualwissenschaften. Von vier Professuren (1997) gibt es heute noch zwei, in Berlin (Freie Universität Berlin/Humboldt Universität zu Berlin — Universitätsklinikum Charité) und an der Uni Hamburg. Damit gehören diese Fächer zu den Verlierern. Dokumentiert und ausgewertet wird die Entwicklung von Studienfächern, vor allem der kleinen Fächer, den Orchideenfächer, in der Arbeitsstelle “Kleine Fächer” an der Uni Potsdam. Es ist eine hochschulpolitisch unabhängige Forschungseinrichtung, die die Aufgabe hat, die Situation der Kleinen Fächer an deutschen Universitäten zu untersuchen und zu dokumentieren. Und, bist du auch eine Orchidee?
Die Judaistik gehört zu den Gewinnern. Sie schaffte den Sprung von 10 (1997) auf 15 Professuren (heute). In Potsdam wird sogar über den Ausbau der Jüdischen Theologie und der Wiederbesetzung der Professur für Jüdische Philosophie, die seit dem überraschenden Tod der Religionswissenschaftlerin Francesca Yardenit Albertini im März 2011 vakant ist, gesprochen. Wer sich für jüdische Literatur und Geschichte interessiert, der sollte mal bei den Jüdischen Lebenswelten vorbeischauen. Hier findet man nicht nur Museen und Orte in Deutschland, die sich mit der jüdischen Geschichte auseinander setzen, sondern auch liebevolle Rezensionen. Getreu dem Motto, werden jüdische Lebenswelten vorgestellt: historische Ereignisse, Menschen und natürlich Bücher. Herta Müllers “Atemschaukel”, natürlich Steve Sem-Sandbers “Die Elenden von Łódź”, aber auch Schätze wie “Die Geschichte der Liebe” von Nicole Krauss. Liebvoll widmet sich das Team einer Lebenswelt, die lebendiger denn je ist. Ich verabschiede mich mit einem jiddischen Sprichwort, dessen Tiefgründigkeit ihr in der nächsten Vorlesung ergründen könnt:
“Wenn die Mutter nach Zwiebeln riecht und der Vater nach Knoblauch, kann die Tochter nicht nach Rosen duften”