Kürschners Kaffeeklatsch 17.- 23.1.
Und dieses Mal zum Kaffeeklatsch: Warum die Exzellenzinitiative voll eingeschlagen hat, was wir dagegen tun können und warum jemand Berlin Dahlem aufkaufen muss, um dem Vorbild Tuttlingen nachzueifern.
Beginnen wir mit einem Spiegel-Beitrag, der ernüchternd ist und nichts Gutes verheißt. Nur zwei Prozent aller Studierenden in Deutschland kommen aus einer bildungsfernen Familie, was heißt, dass die Eltern einen Hauptschulabschluss oder ein berufsvorbereitendes Jahr abgeschlossen haben. Noch immer haben Studenten fast immer Eltern, die selbst studiert haben. Deutschland fährt ein elitäres System. Das ergab die deutsche Analyse des vierten Eurostudent-Reports, den das Hochschulinformationssystem vorgelegt hat. Dazu kann man nicht viel mehr sagen oder besser sollte man dazu nicht viel sagen. Denn grundsätzlich wird bei solchen Analysen anschließend immer sehr viel geredet, aber nichts getan. Wir wollen deshalb nur die Personen aus Politik und Wirtschaft beglückwünschen, die sich für die Exzellenzinitiative eingesetzt haben. Glückwunsch, wir sind exzellent elitär.
Um den zwei Prozent zu helfen, die es dann auch ohne akademisches Elternhaus auf die Hochschule geschafft haben, gibt es die Initiative Arbeiterkind. Die rund 3000 eherenamtlichen Mentoren des mittlerweile bundesweiten Projekts, unterstützen Studenten und die, die es werden wollen bei ihrem Vorhaben. Katja Urbatsch ist die Gründerin von Arbeiterkind und bringt in einem Interview ein wesentliches Problem auf den Punkt: “Wenn es niemanden gibt, der in der Familie studiert hat, muss man auch erstmal auf die Idee kommen, dass dies eine wirkliche Option ist, und hat niemanden, der als Vorbild fungiert und den man fragen könnte. Niemanden, der einem die Ängste nimmt und der ermutigt: Du schaffst das schon! Ich habe es ja auch geschafft!” Um den jungen Menschen, die nicht auf die Erfahrungen ihrer Eltern und Familie zurückgreifen können, Mut zu geben, stehen die Mentoren bereit, auch in Berlin. Man kann auch zu den Stammtischen gehen oder online Fragen stellen. Weiter so, Arbeiterkinder!
Eine einfache Art seinen Horizont und den Horizont von Kindern zu erweitern, ist ganz einfach: Lesen. Wer nicht lesen kann ist klar im Nachteil und wer lesen kann, dem steht grundsätzlich die Welt offen. Um das immer wieder in das Bewusstsein der Menschen zu bringen, gibt es den Welttag des Buches am 23. April. Eine ganz besonders feine Aktion ruft uns nun alle auf: Auf der Website des Welttags kann man sich registrieren und eines von 25 Büchern wählen, von dem man zum Weltbuchtag einige Exemplare zugesendet bekommt, um sie an Menschen zu verschenken, die nicht viel lesen oder sich nicht in die Buchhandlung trauen. So können wir alle etwas dafür tun, dass mehr Menschen lesen und das lesen lieben lernen.
Zum Schluss noch eine nette Meldung, die mir Visionen für ein besseres Berlin in den Kopf pflanzt. Lest selbst: In der baden-württembergischen Stadt Tuttlingen wird derzeit ein Haus für Studenten umgebaut. Hier befindet sich der Hochschulcampus Tuttlingen, der Hochschule Furtwangen. Es entstehen drei WGs auf zwei Etagen mit jeweils eigener Küche und insgesamt zwei Bädern. Im April soll das Haus stehen. Wenn möglich, will der Verbund BauTUTwas, der den Umbau begleitet hat, weitere Studentenwohnungen in Campusnähe bauen, Grundstücke und Häuser wurden bereits aufgekauft. Grund ist, dass es für Studenten zu wenig geeignete Wohnmöglichkeiten gibt. Also werden nette, gemütliche, preiswerte Studentenwohnungen geschaffen. Das lobe ich mir! Warum so etwas nicht in Berlin? So könnte doch mal jemand komplett Dahlem aufkaufen und wir machen es zum größten Studentenwohnheim Europas! Momentan wird ja überall mit den Millionen und Milliarden rumgeschmissen und Löcher gestopft und kranke Banken versorgt. Dasselbe kann man sich sehr schön für die Uni Potsdam vorstellen. Das Gebiet um den Templiner See samt Park Sanssouci wäre gerade gut genug. Wenn Staat und Wirtschaft schon völlig den Blick für das Wesentliche verloren haben, könnten sie zur Abwechslung doch dafür auch einmal etwas springen lassen. Solange das nicht eintritt, schauen wir vorerst weiter wehmütig nach Tuttlingen.