Poetik der Übersetzung

Rose­ma­rie Tietze wird August-Wil­helm-von-Schle­gel-Gast­pro­fes­sor für Poetik der Über­set­zung an der FU Berlin im WS 2012/2013.

Silberlaube an FU Berlin (Foto: Reinhard Görner)

Die in Mün­chen und Ober­kirch lebende Über­set­ze­rin Rose­ma­rie Tietze wird im Win­ter­se­mes­ter 2012/2013 die August-Wil­helm-von-Schle­gel-Gast­pro­fes­sur für Poetik der Über­set­zung beklei­den. Die vom Deut­schen Über­set­zer­fonds und der FU Berlin 2007 ins Leben geru­fene Gast­pro­fes­sur ist die erste Pro­fes­sur für Poetik der Über­set­zung im deutsch­spra­chi­gen Raum. Sie wird jähr­lich im Win­ter­se­mes­ter am Peter-Szondi-Insti­tut für All­ge­meine und Ver­glei­chende Lite­ra­tur­wis­sen­schaft an der FU Berlin ein­ge­rich­tet. Rose­ma­rie Tietze folgt damit auf Frank Gün­ther, Burk­hart Kro­eber, Stefan Weid­ner, Susanne Lange sowie  Olaf Kühl.

Übersetzerin Rosemarie Tietze

Rose­ma­rie Tietze gehört zu den pro­fi­lier­tes­ten Lite­ra­tur­über­set­ze­rin­nen in Deutsch­land. Sie wurde 1944 in Oberkirch/Schwarzwald gebo­ren, stu­dierte Thea­ter­wis­sen­schaft, Sla­wis­tik und Ger­ma­nis­tik in Köln, Wien und Mün­chen. Zu For­schungs­zwe­cken hielt sich ein Jahr lang in Moskau auf. Seit 1972 ist sie frei­be­ruf­lich tätig, zunächst in Wirt­schaft und Wis­sen­schaft, seit Ende der sieb­zi­ger Jahre vor allem als Lite­ra­tur­über­set­ze­rin. Mehr als zwan­zig Jahre lehrte sie zudem am Münch­ner Spra­chen- und Dol­met­scher­insti­tut. Rose­ma­rie Tietze war Initia­to­rin und von 1997 bis 2009 Vor­sit­zende des Deut­schen Über­set­zer­fonds; die hier­aus her­vor­ge­gan­gene “Aka­de­mie der Über­set­zungs­kunst” ver­dankt ihr ent­schei­dende Impulse.

Rosemarie Tietze an FU Berlin

Rose­ma­rie Tiet­zes über­set­ze­ri­sches Oeuvre reicht von Dos­to­jew­ski (“Der Groß­in­qui­si­tor”, 1981), Vla­di­mir Nabo­kov, Boris Pas­ternak und Boris Schit­kow (“Wiktor Wawitsch”, 2003) bis zu Andrej Bitow, dem zen­tra­len Autor ihrer Werk­bio­gra­fie. Acht Titel dieses Autors, von “Das Licht der Toten” (1990) bis zur Neu­über­set­zung von “Das Puschkin­haus” (2007), über­setzte sie aus dem Rus­si­schen, für Herbst 2012 ist das Erschei­nen des Romans “Der Sym­me­trie­leh­rer” im Suhr­kamp Verlag ange­kün­digt. Auf große Reso­nanz stieß zuletzt ihre “Anna Karenina”-Neuübersetzung, die zum Tol­stoi-Jahr bei Hanser erschien (2009). Rose­ma­rie Tietze wurde mit zahl­rei­chen Aus­zeich­nun­gen geehrte, unter ande­rem mit dem Stutt­gar­ter Lite­ra­tur­preis (1990), dem Johann-Hein­rich-Voss-Preis der Deut­schen Aka­de­mie für Spra­che und Dich­tung (1995), dem Brücke-Berlin-Preis 2008, den sie gemein­sam mit Andrej Bitow erhielt, sowie dem Paul-Celan-Preis des Deut­schen Lite­ra­tur­fonds (2010).

Poetik der Übersetzung an FU Berlin

“Poetik der Über­set­zung” — der anspruchs­volle Titel der Pro­fes­sur ist Pro­gramm. Denn ihr Zweck sind nicht über­set­zungs­prak­ti­sche Fin­ger­übun­gen für Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­ler, son­dern die kri­ti­sche Refle­xion eige­ner wie auch frem­der Über­set­zungs­me­tho­den sowie die ver­glei­chende Text­ana­lyse (Ori­gi­nal und Über­set­zung, Über­set­zungs­va­ri­an­ten). Zudem soll die Pro­fes­sur ein expo­nier­ter Ort der his­to­ri­schen Refle­xion von Metho­den und Theo­rien lite­ra­ri­schen Über­set­zens werden. August Wil­helm von Schle­gel sym­bo­li­siert als Namens­pa­tron der Pro­fes­sur einen sol­chen Anspruch. Schle­gel ver­band in seinem Schaf­fen phi­lo­lo­gi­sche For­schung, eigene Dich­tung sowie lite­ra­ri­sche Über­set­zung miteinander.