Auf und Davon – aber wer zahlt?

© Tobias Hausdorf

Ein Aus­lands­auf­ent­halt ist für die meis­ten das High­light des Stu­di­ums – und aus Sicht der Uni­ver­si­tä­ten und zukünf­ti­ger Arbeit­ge­ber zudem ein erstre­bens­wer­tes Ziel. Allein im Jahr 2011 nutzen über 27.000 Stu­die­rende deut­scher Uni­ver­si­tä­ten das Eras­mus-Pro­gramm um ins Aus­land zu gehen. Doch neben einer Viel­zahl von orga­ni­sa­to­ri­schen Hürden birgt eine solche Unter­neh­mung ein viel grund­le­gen­de­res Pro­blem: Wie soll man das Aus­lands­stu­dium bezahlen?

Rei­se­kos­ten, Stu­di­en­ge­büh­ren und die manch­mal deut­lich höhe­ren Lebens­hal­tungs­kos­ten gilt es zu stem­men. Laut Dr. Ursula Hans, Lei­te­rin des Inter­na­tio­na­len Büros der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Berlin (HU), ist es in jedem Fall sinn­voll, sich früh­zei­tig um die Finan­zie­rung zu küm­mern. „Auch in finan­zi­ell schwie­ri­gen Situa­tio­nen kann ein Aus­lands­auf­ent­halt ermög­licht werden – solange man eine Dis­kus­sion früh­zei­tig beginnt“, erklärt Hans. Die Bera­tungs­stelle des Inter­na­tio­na­len Büros zeige den Stu­die­ren­den die ver­schie­de­nen Finan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten auf und rege auch dazu an, sich für Sti­pen­dien zu bewer­ben. Auch eine Viel­zahl von Stu­die­ren­den­ver­tre­tun­gen der Ber­li­ner Uni­ver­si­tä­ten bieten solche Bera­tun­gen an.

För­de­rungs­mög­lich­kei­ten gibt es viele: Das Eras­mus-Pro­gramm der Euro­päi­schen Union ist ein Para­de­bei­spiel. Seit diesem Jahr sind die ver­schie­de­nen Pro­jekte zur För­de­rung all­ge­mei­ner und beruf­li­cher Bil­dung, Jugend und Sport unter Eras­mus+ zusam­men­ge­fasst worden. Es ermög­licht das Stu­die­ren an Part­ner­uni­ver­si­tä­ten inner­halb der EU oder för­dert auch Prak­tika im Rahmen des Stu­di­ums. Vor­teile sind dabei das Ent­fal­len der Stu­di­en­ge­büh­ren an der aus­län­di­schen Uni­ver­si­tät und eine finan­zi­elle Unter­stüt­zung, die – abhän­gig von den zu ver­ge­be­nen Mit­teln an der Hei­mat­uni­ver­si­tät – beim Vor­gän­ger­pro­gramm Eras­mus bei durch­schnitt­lich 150 Euro pro Monat lag. Eine Teil­nahme an diesem Pro­gramm erfolgt durch die Bewer­bung an der Part­ner­uni­ver­si­tät und wird durch die Hei­mat­uni­ver­si­tät betreut. Allein die HU hat 376 Eras­mus-Part­ner. Aller­dings ist Eras­mus auf den euro­päi­schen Raum beschränkt und es bleibt abzu­war­ten, wie Eras­mus+ im außer­eu­ro­päi­schen Raum Anwen­dung finden wird.

Zusätz­lich ist Aus­lands-BAföG eine gute Option, da es nicht zurück­ge­zahlt werden muss. BAföG-Berech­tigte erhal­ten in jedem Fall Aus­lands-BAföG und auch jene, die sonst unter die För­de­rungs­grenze fallen, können hoffen. Die erhöh­ten Kosten eines Aus­lands­auf­ent­hal­tes sorgen für eine unter­schied­li­che Bewer­tung der Einkommensverhältnisse.

Andere Mög­lich­kei­ten bieten För­de­rungs­werke wie die Stu­di­en­stif­tung des Deut­schen Volkes oder poli­ti­sche Stif­tun­gen, wie die Fried­rich-Ebert- oder Konrad-Ade­nauer-Stif­tung. Diese knüp­fen die För­de­rung eines Aus­lands­auf­ent­hal­tes sehr häufig an eine vor­he­rige Auf­nahme und sind dem­nach nicht auto­ma­tisch jedem zugäng­lich. Aller­dings gibt es einige Pro­gramme – wie das ERP-Sti­pen­di­en­pro­gramm der Stu­di­en­stif­tung – für die sich jeder bewer­ben und so eine bis­wei­len groß­zü­gige Unter­stüt­zung für das Aus­lands­vor­ha­ben erhal­ten kann. Dies umfasst meist Rei­se­kos­ten­zu­schüsse, die Über­nahme etwai­ger Stu­di­en­ge­büh­ren und Lebens­hal­tungs­sti­pen­dien. Gebun­den sind solche Pro­gramme oft an bestimmte Stu­di­en­gänge, Abschluss- oder For­schungs­vor­ha­ben oder auch Länder. So lohnt es sich, die ver­schie­de­nen Web­sites der För­de­rungs­werke näher zu beleuchten.

Beson­ders begehrt sind die Sti­pen­dien des Deut­schen Aka­de­mi­schen Aus­tausch Diens­tes (DAAD), der Stu­di­en­vor­ha­ben auf der ganzen Welt för­dert. Die Bewer­bung selbst ist mit einem umfang­rei­chen Aus­wahl­ver­fah­ren und zwei ein­zu­rei­chen­den Gut­ach­ten von Hoch­schul­do­zen­ten nicht unkom­pli­ziert. „Natür­lich steht mit einer DAAD-Bewer­bung viel Arbeit an, doch wenn man wirk­lich von einem Aus­lands­auf­ent­halt träumt, gibt es meiner Mei­nung nach keine bes­sere Adresse für die För­de­rung“, findet die 23-jäh­rige Jura­stu­den­tin Vanessa Kis­se­ler. Sie ver­brachte zwei Semes­ter in London und wurde in diesem Zeit­raum durch den DAAD geför­dert. Habe man die Hürde des Bewer­bungs­ver­fah­ren über­wun­den, küm­mere sich der DAAD sehr um einen guten Pro­gramm­ab­lauf und neben dieser Unter­stüt­zung erhalte man eine ideelle Förderung.

Für Vor­ha­ben von bis zu sechs Mona­ten gibt es zudem das Pro­gramm zur Stei­ge­rung der Mobi­li­tät von deut­schen Stu­die­ren­den (PROMOS), das im Rahmen der Bolo­gna-Reform ins Leben geru­fen wurde und dessen Sti­pen­dien von den Uni­ver­si­tä­ten in einem Aus­wahl­ver­fah­ren ver­ge­ben werden. Dieses beschränkt sich nicht nur auf Stu­di­en­auf­ent­halte im klas­si­schen Sinne, son­dern umfasst auch andere Sprach- oder Praxisaufenthalte.

Zuletzt blei­ben – unab­hän­gig von Sti­pen­dien – Stu­di­en­kre­dite oder auch Arbei­ten im Ziel­land, was sich gerade inner­halb der EU anbie­tet. Allein an finan­zi­el­len Aspek­ten sollte ein Aus­lands­vor­ha­ben dem­nach nicht schei­tern. So fasst Dr. Hans zusam­men: „Neben den fach­li­chen Erfah­run­gen brin­gen Aus­lands­auf­ent­halte die Stu­die­ren­den dazu, sich selbst neu zu betrach­ten.“ Es gehe darum, sich besser ken­nen­zu­ler­nen, und die eigene Iden­ti­tät, das Deutsch­sein zu hin­ter­fra­gen. „ Auch dies sind Effekte, die wir uns wünschen.“