Das Desaster mit dem Master

Die Plätze für den Master werden knapp, fürch­ten Stu­den­ten­ver­tre­ter. Auch die Unis sehen das Pro­blem, ver­wei­sen aber auf feh­len­des Geld für den Master.

Zufrie­den waren die meis­ten Stu­die­ren­den ohne­hin nicht: Mit den neu ein­ge­führ­ten Bache­lor- und Master-Stu­di­en­gän­gen steige die Arbeits­be­las­tung und werde das Stu­dium ver­schult, so die Kritik. Nun zeich­net sich ab, dass viele Studis bald vor einem noch viel grö­ße­rem Pro­blem stehen werden: Die belieb­ten Plätze für den Master werden knapp. Absol­ven­ten des Bach­er­lors blei­ben dann nur zwei Optio­nen: Ent­we­der sie warten auf den Master, oder sie bre­chen ihr Stu­dium ab – mit dem mul­mi­gen Gefühl, ohne Master keinen voll­wer­ti­gen Abschluss in der Tasche zu haben.

Master als Regelabschluss

Vor sieben Jahren hat die Poli­tik beschlos­sen, der Bache­lor solle zum Regel­ab­schluss werden. Das Ver­spre­chen: Mit diesem Zeug­nis könne man prima in die Berufs­welt star­ten — ohne Master. Die Stu­die­ren­den aber trauen dem Braten nicht. Drei Vier­tel aller Bache­lor­ab­sol­ven­ten ent­schei­den sich für das Wei­ter­stu­die­ren und damit für den Master. Wer kann es ihnen ver­übeln? Selbst Hoch­schu­len wie die Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät (TU) erklä­ren, sie gingen „nach wie vor vom Master als Regel­ab­schluss aus.”

Hohe Hürden für den Master

Stu­den­ten­ver­tre­ter schla­gen des­halb Alarm: „Es zeich­net sich ab, dass in eini­gen Stu­di­en­gän­gen deut­lich mehr Stu­die­rende einen Mas­ter­stu­di­en­gang stu­die­ren wollen, als Plätze zur Ver­fü­gung stehen”, sagt Erik Mar­quardt, Refe­rent für Bil­dungs­po­li­tik im All­ge­mei­nen Stu­die­ren­den­aus­schuss der TU. Bisher sieht es noch ver­gleichs­weise gut aus für Master-Wil­lige: 425 Stu­den­ten haben im ver­gan­ge­nen Jahr ihr Bache­lor­zeug­nis erhal­ten, im Okto­ber sind über 1.500 in den Master gestar­tet. In manch einem Fach sei den­noch bereits eine Abschluss­note von 1,4 erfor­der­lich, um im Master wei­ter­zu­stu­die­ren, berich­tet Mar­quardt. „Das ist jedoch erst der Anfang, da die Umstel­lung auf die neuen Stu­di­en­gänge noch nicht flä­chen­de­ckend Bache­lor­ab­schlüsse pro­du­ziert hat.”

Fehlendes Geld für Master

In der Tat zeigt dort die Ten­denz nach oben: Im ver­gan­ge­nen Jahr hatte jeder fünfte Absol­vent ein Bache­lor­zeug­nis in der Tasche, 2008 war es erst jeder Achte. An der TU sind bereits mehr als 13.000 Stu­den­ten in einem Bache­lor-Stu­di­en­gang ein­ge­schrie­ben, viele von ihnen werden sich in den nächs­ten Jahren auf die Suche nach einem Platz im Master-Stu­di­en­gang machen. Die TU hat für die Bedürf­nisse durch­aus Ver­ständ­nis: Man „würde gerne jedem Bache­lor­ab­sol­ven­ten einen Mas­ter­stu­di­en­platz anbie­ten”, erklärt ein TU-Spre­cher. Das Pro­blem ist die Finan­zie­rung des Master-Stu­di­en­gan­ges . Das Land gibt nur soviel Geld für den Master, dass etwa jeder zweite Abgän­ger auch einen Mas­ter­platz finden kann. Die Freie Uni­ver­si­tät (FU) steht vor dem glei­chen Pro­blem und erklärt, es sei „rein rech­ne­risch gar nicht mög­lich, allen Bachelor­absolventen grund­sätz­lich einen Mas­­ter-Stu­di­en­platz zu garantieren.”

Ohne Master zum Doktor

Damit trotz­dem mög­lichst viele von ihnen wei­ter­stu­die­ren können, soll nun geprüft werden, ob Absol­ven­ten nach einem ver­kürz­ten Master oder sogar direkt nach ihrem Bache­lor­ab­schluss, ohner Master, ihre Dok­tor­ar­beit schrei­ben können. „Somit wäre es mög­lich, Kapa­zi­tä­ten in den Mas­ter­pro­gram­men frei­zu­ma­chen”, glaubt der Spre­cher von FU-Prä­si­dent Peter-André Alt.

Kein Heimvorteil für den Master-Zugang

Doch selbst wenn es rech­ne­risch genug Mas­ter­plätze geben sollte: Ob auch alle Abgän­ger den rich­ti­gen Master-Stu­di­en­gang zum Wei­ter­stu­die­ren finden, ist frag­lich. Denn im Master gibt es manch außer­ge­wöhn­li­che Fächer, an der FU zum Bei­spiel Geschichte, Theo­rie und Praxis der Jüdisch-Christ­li­chen Bezie­hun­gen. Ob solche und andere Master-Exo­ten­fä­cher genü­gend Bewer­ber finden oder sie gerade wegen ihrer sel­te­nen Spe­zia­li­sie­rung über­lau­fen sind, wird sich bald zeigen.

Master-Chaos

Das Master-Chaos ist vor­her­zu­se­hen. Weil sich viele Stu­den­ten unsi­cher sind, bewer­ben sie sich lieber für einen Master-Stu­di­en­gang zu viel als zu wenig. Dadurch ver­zö­gert sich das Aus­wahl­ver­fah­ren, teil­weise können Stu­die­rende sehr spät noch im pas­sen­den Master-Stu­di­en­gang nach­rü­cken. Ähn­li­che Pro­bleme gibt es auch beim Start ins Bache­lor­stu­dium, seit­dem die Zen­trale Stu­di­en­platz­ver­gabe Geschichte ist.

Master in Berlin

Ber­li­ner Stu­den­ten werden beim Kampf um die besten Mas­ter­plätze übri­gens benachtei­ligt. An man­chen deut­schen Unis werden näm­lich die eige­nen Absol­ven­ten bevor­zugt behan­delt. So muss man in Bonn als Aus­wär­ti­ger eine Note besser sein, wenn man dort Psy­cho­lo­gie stu­die­ren möchte. In Berlin dage­gen gibt es solch einen „Heim­vor­teil” nicht. Gesetz­lich sei das nicht zuläs­sig, heißt es sei­tens der Unis. Stu­den­ten­ver­tre­ter Mar­quardt findet das rich­tig: Solche Vor­zugs­au­to­ma­tis­men würden die Idee der natio­na­len und inter­na­tio­na­len Mobi­li­tät – immer­hin ein Ziel des Bolo­gna-Pro­zes­ses – unver­hält­nis­mä­ßig erschweren.