Abenteuer Sprachkurs

Eine fremde Spra­che lernt sich am ein­fachs­ten vor Ort. Denn außer Gram­ma­tik lernt man so auch Men­schen und Kultur gut kennen.

Nach dem eisi­gen Winter in Berlin war mir klar: In den Semes­ter­fe­rien will ich ein paar Wochen in die Sonne. Prak­ti­scher­weise konnte ich meinen dies­jäh­ri­gen Früh­lings­ur­laub an der fran­zö­si­schen Atlan­tik­küste im roman­tisch-idyl­li­schen Bade­ort „La Rochelle“ mit einem bezahl­ten drei-wöchi­gen Sprach­kurs ver­bin­den. Nach­dem ich schon mit Sprach­kurs in Minsk Rus­sisch und in Spa­nien Spa­nisch lernen durfte, hatte ich einige Vor­stel­lun­gen, wie ein Sprach­kurs ablau­fen sollte.

Über­ra­schun­gen sollte es also nicht geben. Doch eines war neu: Die Gast­fa­mi­lie. Ich würde bei einer älte­ren Frau im Norden von La Rochelle wohnen. Die ein­zige Infor­ma­tion, die ich bis zum Zeit­punkt der Abreise hatte war: Meine Gast­mut­ter geht gern joggen und hat einen Tou­ris­ten­job. Bonne Chance. Da ich rela­tiv spon­tan bin, hat es mich kaum gestört, dass ich keine wei­te­ren Infor­ma­tio­nen zum Sprach­kurs oder zu meiner Fami­lie im Vor­feld erhal­ten habe. Ich ließ mich ein­fach auf das „Aben­teuer Frank­reich“ ein. An meinem Ankunfts­tag holte mich meine Gast­mut­ter vom Bahn­hof ab und brachte mich zu unse­rer Wohnung.

Erster Ein­druck: Nett, aber es gibt Sprach­bar­rie­ren. In meinem Wohn­haus war­te­ten bereits wei­tere Infor­ma­tio­nen auf mich. Die beste: Der Sprach­kurs beginnt 8:30 Uhr, und ich muss etwa eine halbe Stunde jeden Morgen mit dem Fahr­rad in die „Schule“ fahren – Busse sind in La Rochelle auf Grund des Umwelt­be­wusst­seins eher rar. Sehr gut, Fahr­rad­fah­ren ist in Berlin ja eher schwie­rig. Nach dem ein­tä­gi­gen inten­si­ven Ein­stu­fungs­text, dem Ken­nen­ler­nen von ande­ren Sprach­stu­den­ten und dem erstes Bad im Atlan­tik bei 25 Grad im Schat­ten ging es rich­tig los.

Die Sprach­kurs­grup­pen waren bis zu 15 Per­so­nen groß und mit meh­re­ren Leh­rern aus­ge­stat­tet, die sich in den ver­schie­de­nen „Modu­len“ abwech­sel­ten. Dieser sehr ange­nehme Gesichts­wech­sel machte den Unter­richt weni­ger tro­cken, und die vielen prak­ti­schen Sprach­übun­gen in Kom­bi­na­tion mit einem reich­hal­ti­gen Nach­mit­tags­pro­gramm run­de­ten den ver­schul­ten Unter­richt abwechs­lungs­reich ab. Leider hatte ich im Nach­hin­ein weni­ger Glück mit meiner Gast­mut­ter. Nach­dem die meis­ten in meinem Kurs in sehr netten, kom­mu­ni­ka­ti­ven Fami­lien mit fran­zö­si­scher Ess­kul­tur unter­ge­bracht wurden, war meine Bleibe genau das Gegen­teil. Unkom­mu­ni­ka­tiv, unin­ter­es­siert und ver­sor­gungs­re­sis­tent. Da ich aber so gut wie den ganzen Tag nicht zu Hause war, habe mich im Großen und Ganzen wenig geärgert.

Zusam­men­fas­send war der Sprach­kurs sehr gut für meine Sprach­pra­xis und mit tollen Men­schen und inter­es­san­ten neuen Erfah­run­gen gefüllt. Hätte ich den Kurs mit der Gast­fa­mi­lie und der Ver­sor­gung selbst bezahlt, hätte ich mich wohl beschwert – der Eigen­an­teil an Nah­rung war für den Preis des Gesamt­pro­gramms unver­hält­nis­mä­ßig hoch.

Über Janine Noack (20 Artikel)
Janine studierte von 2009-2012 Geschichte, Politk und Soziologie an der HU Berlin und absolviert derzeit ihren Master in Modern European History an der Universität Cambridge.