England: Schulalltag

Eng­li­sche Schü­ler zum Spra­chen­ler­nen zu ani­mie­ren, ist nicht leicht. Sie spre­chen ja bereits eine Weltsprache.

Die Tür geht auf, und die Direk­to­rin unter­bricht den Deutsch­un­ter­richt: „Uni­form­check!“ Die Schü­ler sitzen ker­zen­ge­rade da und zupfen noch einmal hastig ihre Uni­for­men zurecht. Ist der obere Knopf zu? Ist die Kra­watte gerich­tet? Sitzt der Blazer ordent­lich? Dieses Sze­na­rio ist an eng­li­schen Schu­len völlig normal, denn auf ordent­li­che [int­link id=“449” type=“post”]Uniformen[/intlink] wird sehr viel Wert gelegt.
Kurz nach dem Uni­form­check herrscht wieder aus­ge­las­sene Hei­ter­keit in meiner Klasse.

Ich lebe seit Sep­tem­ber in Eng­land, in der Nähe von Man­ches­ter und nehme an einem Pro­gramm des Päd­ago­gi­schen Aus­tausch­diens­tes teil. Neben mir sind noch viele wei­tere Fremd­spra­chen­as­sis­ten­ten aus Deutsch­land, Frank­reich, Spa­nien, Kolum­bien und sogar China hier in der Gegend. Wir alle arbei­ten zwölf Stun­den in der Woche an eng­li­schen Schu­len und unter­stüt­zen die Lehrer beim Unter­richt. Viele Schu­len inves­tie­ren in einen Fremd­spra­chen­as­sis­ten­ten, denn die [int­link id=“659” type=“post”]Engländer[/intlink] tun sich sehr schwer damit, andere Spra­chen zu lernen. Das hat zumeist damit zu tun, dass sie keine wei­te­ren Spra­chen benö­ti­gen, denn ihre Mut­ter­spra­che gilt bekannt­lich als Weltsprache.

Gram­ma­tik ist Motivationskiller
Häufig ist die Moti­va­tion der Schü­ler im Fremd­spra­chen­un­ter­richt spä­tes­tens dann vorbei, wenn es kniff­li­ger wird und nicht-eng­li­sche Gram­ma­tik ver­stan­den werden muss, und die Spra­che wird abge­wählt. Es genü­gen einige Jahre Fremd­spra­chen­un­ter­richt, und in der Ober­stufe ist keine nötig, um zum Bei­spiel A‑Levels – das bri­ti­sche Pen­dant zum Abitur – abzu­le­gen. Wir Fremd­spra­chen­as­sis­ten­ten sind gerade des­halb beson­ders wich­tig für die Lan­guage Depart­ments. Wir zeigen den Schü­lern, dass Fremd­spra­chen leben­dig und lebens­be­rei­chernd sind, brin­gen ihnen unsere Kultur und Spra­che näher.
An meinem ersten Tag an der King­s­way High-School wurde mir bereits bewusst, wie sehr sich die Schü­ler freuen zu sehen, warum sie eine Spra­che außer ihrer eige­nen lernen soll­ten. Für viele bin ich die erste Deut­sche, mit der sie über­haupt spre­chen. Vorher war Deutsch nur abs­trakt für sie, jetzt werden sie plötz­lich ernst­haft damit kon­fron­tiert. Oft übe ich Kon­ver­sa­tion in klei­nen Grup­pen als Vor­be­rei­tung auf die münd­li­che Prü­fung. Einige Schü­ler sind dann rich­tig auf­ge­regt oder schüch­tern, wäh­rend andere munter drauf­los plappern.
High­tech von Kleinauf
Es ist eine inter­es­sante Erfah­rung, in die Leh­rer­rolle zu schlüp­fen und das eng­li­sche Schul­sys­tem besser ken­nen­zu­ler­nen. Die tech­ni­sche Aus­stat­tung an den Schu­len beein­druckt mich. Alle haben ein inter­ak­ti­ves White­board statt einer Tafel. Am Leh­rer­tisch steht ein Laptop, der mit dem White­board ver­bun­den ist. Tafel­bil­der werden so direkt über­tra­gen. Als ob das nicht schon genug wäre, haben diese rie­si­gen Flach­bild­schirme an der Wand noch einen Touch­screen. Die Schü­ler beschäf­ti­gen sich daran oft mit Lern­spie­len, müssen zum Bei­spiel Satz­glie­der rich­tig anord­nen. Als ich ihnen erzählt habe, wir hätten in der Schule noch Tafeln und Kreide, konn­ten sie sich vor Lachen nicht mehr halten.
Ich bin gespannt, was mich in den nächs­ten Mona­ten erwar­tet; sicher eine ganze Menge. Das Aus­tausch­pro­gramm ist in jedem Fall nur zu emp­feh­len. Fremd­spra­chen­as­sis­tent kann man in ver­schie­de­nen Län­dern werden, zum Bei­spiel in Frank­reich oder in den USA. Ich ver­bringe ins­ge­samt acht Monate in Eng­land und bin sehr glück­lich dar­über, dass ich mich hier bewor­ben habe. Die Chan­cen, ange­nom­men zu werden, sind sehr gut, und das ganze Pro­gramm ist super durch­or­ga­ni­siert, man muss sich um fast nichts Gedan­ken machen. Gut bezahlt wird es außer­dem. Neben der Arbeit bleibt genü­gend Zeit, mit ande­ren Fremd­spra­chen­as­sis­ten­ten etwas zu unter­neh­men. In meinen ersten Schul­fe­rien waren wir eine Woche in Schott­land. Ich freue mich auf die nächs­ten Ferien.
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