Uni oder Fachhochschule?
Berliner Fachhochschulen heißen nur noch „Hochschule“. Ihre Abschlüsse gelten oft zwar als „zweitklassig“, doch es gibt sinnvolle Unterschiede zu den Universitäten.

Seit Umsetzung des Bologna-Prozesses führt ein Universitätsstudium zum gleichen Abschluss wie ein Studium an der Fachhochschule (FH), neuerdings meist nur „Hochschule“ genannt. Gibt es noch Unterschiede zwischen den beiden Ausbildungsformen? Und wo studiert es sich besser? Schließlich muss man sich ja entscheiden – aber wofür?
Wer studiert wo?
An den Fachhochschulen können sich alle Leute mit allgemeiner, fachgebundener oder Fachhochschulreife einschreiben und den Studiengang frei wählen. An den Unis trifft das nur auf Studienbewerber mit allgemeiner Hochschulreife zu. Das heißt, für einige erübrigt sich diese Frage schon. Ähnlich ergeht es manchem, der schon weiß, was er studieren will. Studiengänge wie Jura, Medizin und die meisten Natur‑, Geistesund Sozialwissenschaften können nur an der Uni studiert werden. Soziale Arbeit oder Wirtschaftsrecht wird beispielsweise nur von den Hochschulen angeboten. Angehende Wirtschaftswissenschaftler, Maschinenbauer, Elektrotechniker, Architekten, Informatiker und einige mehr haben weiterhin die Wahl.
Vorurteile
Das öffentlich bekannte Vorurteil, die FH sei verschulter, bewahrheitet sich auch in Gesprächen mit Studierenden der verschiedenen Bildungsformen. Robin, der BWL an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) studierte, sieht den Vorteil der Hochschule darin, dass die Bildungseinheiten in kleinen Gruppen stattfinden, in denen man oft per Du mit den Dozenten ist und daher offener Fragen stellen kann. Grundsätzlich ist das in der Universität auch möglich, jedoch fehlt vielen der Mut vor Kommilitonen eine eventuell dumme Frage zu stellen. Aber auch Universitäten bieten Lehrangebote in kleineren Gruppen an. Im Besonderen hat man an den Universitäten mehr Wahlfreiheit, die Studierenden sind dafür für ihren Studienplan selbst verantwortlich. An den Hochschulen läuft es meist gegensätzlich, indem es einen vorgefertigten Studienplan mit eingeschränkten Wahlmöglichkeiten gibt. Natürlich gibt es auch viele Unterschiede zwischen den verschiedenen Instituten und zwischen einzelnen Studienfächern.
Schulische Wurzeln
Die schulische Struktur und die unterschiedlichen Zugangsbeschränkungen sind wohl auch Gründe, weshalb der FH-Abschluss, in der Öffentlichkeit meist als „weniger wert“ betrachtet wird, obwohl er rechtlich gleich gestellt ist. Man darf mit einem Hochschul-Bachelor einen Uni-Master studieren und umgekehrt. Natürlich nur, wenn alle Zugangsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Hochschulen bieten häufig viel differenzierte Studiengänge an. Das hilft allen, die schon ganz genau wissen, in welchem Bereich sie später tätig sein wollen. So werden neben dem allgemeinen BWL-Studium etwa auch spezialisierte Ausführungen für Handel, Tourismus oder Finanzmanagement angeboten, um den Praxisbezug zu erhöhen.
Akademischer Anspruch
Ein Universitätsstudium ist im Gegensatz zum Hochschulstudium allgemeiner gehalten, um verschiedene Berufswege und auch den akademischen Weg offen zu halten. Daher werden hier allgemeine Zusammenhänge in den Vordergrund gestellt. Im Lauf des Studiums soll dann entschieden werden, welche Bereiche vertieft werden. Fachhochschulen vermitteln ihr Wissen im Gegensatz dazu fachspezifisch mithilfe von Beispielen und häufig auch durch Dozenten, die direkt aus der Praxis kommen. Sabrina war anfangs enttäuscht von der theoretischen Ausrichtung ihres Studiengangs Medien und Kommunikation an der Universität Passau. „Mit der Zeit hat sich mir dann immer mehr ein anderer Blickwinkel eröffnet. Ein umfangreiches Fachwissen und Hintergrundwissen bieten eine fundierte Grundlage. Praxis muss man sich in dem Bereich, der einen interessiert, zusätzlich selbst aneignen, zum Beispiel durch ein Praktikum.“ Um den passenden Studiengang an der richtigen Hochschulform für sich selbst zu finden, wird von der Studienberatung empfohlen, als Gasthörer einige Vorlesungen zu besuchen und auch das Gespräch mit bereits immatrikulierten Studierenden zu suchen. Was die künftigen Berufschancen angeht, werden Noten und die Persönlichkeit des Bewerbers von Arbeitgebern meist höher bewertet als die Hochschulform auf der der Abschluss erworben wurde.