Uni oder Fachhochschule?

Ber­li­ner Fach­hoch­schu­len heißen nur noch „Hoch­schule“. Ihre Abschlüsse gelten oft zwar als „zweit­klas­sig“, doch es gibt sinn­volle Unter­schiede zu den Universitäten.

Sabrina hat bald erkannt, dass sie die theoretische Uni-Bildung mit eigenen Praxis-Erfahrungen aufwerten muss. (Foto: Bettina Jungwirth)

Seit Umset­zung des Bolo­gna-Pro­zes­ses führt ein Uni­ver­si­täts­stu­dium zum glei­chen Abschluss wie ein Stu­dium an der Fach­hoch­schule (FH), neu­er­dings meist nur „Hoch­schule“ genannt. Gibt es noch Unter­schiede zwi­schen den beiden Aus­bil­dungs­for­men? Und wo stu­diert es sich besser? Schließ­lich muss man sich ja ent­schei­den – aber wofür?

Wer studiert wo?

An den Fach­hoch­schu­len können sich alle Leute mit all­ge­mei­ner, fach­ge­bun­de­ner oder Fach­hoch­schul­reife ein­schrei­ben und den Stu­di­en­gang frei wählen. An den Unis trifft das nur auf Stu­di­en­be­wer­ber mit all­ge­mei­ner Hoch­schul­reife zu. Das heißt, für einige erüb­rigt sich diese Frage schon. Ähn­lich ergeht es man­chem, der schon weiß, was er stu­die­ren will. Stu­di­en­gänge wie Jura, Medi­zin und die meis­ten Natur‑, Geis­tesund Sozi­al­wis­sen­schaf­ten können nur an der Uni stu­diert werden. Soziale Arbeit oder Wirt­schafts­recht wird bei­spiels­weise nur von den Hoch­schu­len ange­bo­ten. Ange­hende Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler, Maschi­nen­bauer, Elek­tro­tech­ni­ker, Archi­tek­ten, Infor­ma­ti­ker und einige mehr haben wei­ter­hin die Wahl.

Vorurteile

Das öffent­lich bekannte Vor­ur­teil, die FH sei ver­schul­ter, bewahr­hei­tet sich auch in Gesprä­chen mit Stu­die­ren­den der ver­schie­de­nen Bil­dungs­for­men. Robin, der BWL an der Hoch­schule für Wirt­schaft und Recht (HWR) stu­dierte, sieht den Vor­teil der Hoch­schule darin, dass die Bil­dungs­ein­hei­ten in klei­nen Grup­pen statt­fin­den, in denen man oft per Du mit den Dozen­ten ist und daher offe­ner Fragen stel­len kann. Grund­sätz­lich ist das in der Uni­ver­si­tät auch mög­lich, jedoch fehlt vielen der Mut vor Kom­mi­li­to­nen eine even­tu­ell dumme Frage zu stel­len. Aber auch Uni­ver­si­tä­ten bieten Lehr­an­ge­bote in klei­ne­ren Grup­pen an. Im Beson­de­ren hat man an den Uni­ver­si­tä­ten mehr Wahl­frei­heit, die Stu­die­ren­den sind dafür für ihren Stu­di­en­plan selbst ver­ant­wort­lich. An den Hoch­schu­len läuft es meist gegen­sätz­lich, indem es einen vor­ge­fer­tig­ten Stu­di­en­plan mit ein­ge­schränk­ten Wahl­mög­lich­kei­ten gibt. Natür­lich gibt es auch viele Unter­schiede zwi­schen den ver­schie­de­nen Insti­tu­ten und zwi­schen ein­zel­nen Studienfächern.

Schulische Wurzeln

Die schu­li­sche Struk­tur und die unter­schied­li­chen Zugangs­be­schrän­kun­gen sind wohl auch Gründe, wes­halb der FH-Abschluss, in der Öffent­lich­keit meist als „weni­ger wert“ betrach­tet wird, obwohl er recht­lich gleich gestellt ist. Man darf mit einem Hoch­schul-Bache­lor einen Uni-Master stu­die­ren und umge­kehrt. Natür­lich nur, wenn alle Zugangs­vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Die Hoch­schu­len bieten häufig viel dif­fe­ren­zierte Stu­di­en­gänge an. Das hilft allen, die schon ganz genau wissen, in wel­chem Bereich sie später tätig sein wollen. So werden neben dem all­ge­mei­nen BWL-Stu­dium etwa auch spe­zia­li­sierte Aus­füh­run­gen für Handel, Tou­ris­mus oder Finanz­ma­nage­ment ange­bo­ten, um den Pra­xis­be­zug zu erhöhen.

Akademischer Anspruch

Ein Uni­ver­si­täts­stu­dium ist im Gegen­satz zum Hoch­schul­stu­dium all­ge­mei­ner gehal­ten, um ver­schie­dene Berufs­wege und auch den aka­de­mi­schen Weg offen zu halten. Daher werden hier all­ge­meine Zusam­men­hänge in den Vor­der­grund gestellt. Im Lauf des Stu­di­ums soll dann ent­schie­den werden, welche Berei­che ver­tieft werden. Fach­hoch­schu­len ver­mit­teln ihr Wissen im Gegen­satz dazu fach­spe­zi­fisch mit­hilfe von Bei­spie­len und häufig auch durch Dozen­ten, die direkt aus der Praxis kommen. Sabrina war anfangs ent­täuscht von der theo­re­ti­schen Aus­rich­tung ihres Stu­di­en­gangs Medien und Kom­mu­ni­ka­tion an der Uni­ver­si­tät Passau. „Mit der Zeit hat sich mir dann immer mehr ein ande­rer Blick­win­kel eröff­net. Ein umfang­rei­ches Fach­wis­sen und Hin­ter­grund­wis­sen bieten eine fun­dierte Grund­lage. Praxis muss man sich in dem Bereich, der einen inter­es­siert, zusätz­lich selbst aneig­nen, zum Bei­spiel durch ein Prak­ti­kum.“ Um den pas­sen­den Stu­di­en­gang an der rich­ti­gen Hoch­schul­form für sich selbst zu finden, wird von der Stu­di­en­be­ra­tung emp­foh­len, als Gast­hö­rer einige Vor­le­sun­gen zu besu­chen und auch das Gespräch mit bereits imma­tri­ku­lier­ten Stu­die­ren­den zu suchen. Was die künf­ti­gen Berufs­chan­cen angeht, werden Noten und die Per­sön­lich­keit des Bewer­bers von Arbeit­ge­bern meist höher bewer­tet als die Hoch­schul­form auf der der Abschluss erwor­ben wurde.