Plötzlich selbstbestimmt
Du hast es geschafft! Du bist frei! Du bist in Berlin! Wie aufregend.
Wenn nur der blöde Alltag nicht wäre. Der, den du jetzt alleine bestreiten musst. Hier erfährst du, wie du ihn souverän und vergnügt meisterst.
Alles auf einmal
Ist ja nicht gerade wenig, was auf einen zukommt, wenn man hier anfängt zu studieren. Neue Gesichter, anderes Tempo, neue Freiheiten. Womöglich weit weg von Zuhause und erste eigene Behausung. Kann einen ganz schön überfordern, diese Stadt. Sich in Berlin einzugewöhnen ist ein bisschen wie sich in jemanden verlieben, der einem maßlos überlegen ist. Man ist zugleich restlos begeistert und total nervös, will keinen Moment verpassen, steht deshalb dauernd unter Strom und stolpert über die eigenen Füße. In beiden Fällen hilft nur eins: Entspannen. Mach dir keine Sorgen, wenn du immer noch kein WG-Zimmer hast, oder das Internet zu Hause immer noch nicht eingerichtet ist. Es geht am Anfang allen so. Versuche lieber, den Kontrollverlust ein bisschen zu genießen.
Auf einmal alleine
Plötzlich muss man alles gleichzeitig machen: Termine beim BAföG- und Bürgeramt einhalten, in den Seminaren mitkommen, den Kühlschrank füllen und dann auch noch neue Freunde finden. Da kann es recht schnell passieren, dass man sich einsam fühlt. Das gewohnte soziale Umfeld ist mit dem Abi zurückgeblieben. Und selbst wenn man es kaum erwarten konnte, sich endlich davon loszureißen, war es doch trotzdem ein Umfeld. Damit du für neue Begegnungen möglichst offen bleiben kannst, ohne dich dabei unter Druck zu setzen, möchte ich dir zwei Überlebensstrategien vorschlagen: Alleine Raus und Allein zu Haus. Es lohnt sich, in Berlin auch mal alleine was zu unternehmen, so lernt man am leichtesten neue Leute kennen. Und man muss üben, sich selbst zu genügen, für Tage an denen man keine Lust aufs Rausgehen hat.
Einfach mal losziehen
Mit der Strategie Alleine Raus kannst du deine Unabhängigkeit und dein Selbstbewusstsein stärken. Ist man mit Bekannten unterwegs, verhält man sich oft anders als unter Fremden. In einer Gruppe, in der sich alle halbwegs kennen, ist man schon an eine gemeinsame Dynamik gewohnt, in der jeder irgendwie einen Platz hat. Das ist ja auch gut so, man fühlt sich geborgen. Aber es kann auch mal schön sein, sich von diesen Mustern zu lösen. Warum nicht mal alleine auf ein Konzert, alleine ins Museum, alleine auf den Flohmarkt, alleine tanzen gehen? Es mag dir anfangs schwerfallen, kein gewohntes Gesicht in der Nähe zu haben. Aber vielleicht gefällt dir ja die Erfahrung, dich auf ungewohnte Situationen einzulassen. Vielleicht ergibt sich ein spontanes Gespräch, das du sonst nicht geführt hättest. Und das beste dabei ist, du kannst gar nichts falsch machen. Im schlimmsten Fall wird eine solche Begegnung entweder öde oder peinlich. Tröste dich: Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr euch wieder seht, ist überaus gering. Im Gegenteil, man muss es erst mal schaffen, in Berlin Kontakte langfristig aufrechtzuerhalten. Aber hey, im besten Fall hast du einen schönen Abend. Und nette Leute finden sich überall.
Einfach mal daheim bleiben
Manchmal ist man aber auch nicht in der Lage, auf neue Menschen zuzugehen. Vielleicht fehlen die Lust oder der Mut oder die richtigen Schuhe. Es gibt Tage, da versuchst du vergeblich, gegen das nagende Gefühl anzukämpfen, dass alle anderen viel tollere Dinge erleben als du. Und gegen das Hirngespinst, man habe versagt, wenn man nicht jedes Wochenende auf mindestens zwei phänomenalen Partys tanzt und mit mindestens einer oberscharfen Person das Bett teilt. Lass dich bloß nicht von deinen neidischen Freunden aus Hinterkirchdorf ärgern, die dich bei jeder Unterhaltung als erstes fragen: „Ond, was machsch jetzt in Börlin? Jedes Wochaände a fedde Pardy oder??“ Du kannst es hier auch superschön finden, wenn du im ersten halben Jahr noch nicht im Berghain warst – „Waaaaas? Do wär I abr glei z’erscht neiganga!“ Und natürlich ist es auch in Berlin möglich und sehr normal, Langeweile zu haben. Dann wird es Zeit für die Strategie Allein zu Haus. Freitagabend, keiner hat Zeit für ein Bierchen, geschweige denn Tanzen zu gehen, du bist eigentlich selbst ziemlich lauffaul und Candy Crush hat seinen Reiz verloren. Was tun, um mit sich selbst Spaß zu haben? Entscheidend ist es, kreativ zu werden, etwas selber machen. Ob du Gitarre übst, einen Schal strickst, dich mit Lachs-Spinat-Lasagne verkünstelst, oder deine Wände bemalst, gestalte dein neues Zuhause so, wie du es brauchst. Dann kriegst du auch Lust darauf, dich dort aufzuhalten und gemütlich einzucouchen. Mit einem guten Buch zum Beispiel. Zeit für Abenteuer bleibt dir noch genug. Die kommen sowieso, wenn man es am wenigsten erwartet.