Paris — Stadt der Möglichkeiten

Paris ist immer eine Reise wert – doch auch dort wohnen? Drei mutige Stu­den­ten haben es gewagt

Paris! Rot­wein! Crois­sant! Baguette! Kunst! Noch mal Rot­wein und Käse! Aber Paris heißt eben auch: unbe­zahl­bare Woh­nun­gen, teures Essen und – viel­leicht für einige das größte Pro­blem – fran­zö­sisch sprechen.

Das hat Sebas­tian aber nicht abschre­cken können. Der Stu­dent aus Lich­ten­berg nimmt am Eras­mus-Pro­gramm teil und tauscht für zehn Monate Berlin gegen die fran­zö­si­sche Metro­pole. „Das war eigent­lich eine sehr spon­tane Idee. Ich hatte die Aus­wahl zwi­schen Metz und Paris – wenn schon Frank­reich, warum dann nicht gleich die Haupt­stadt?“, erzählt Sebas­tian. Er sitzt in der Ein­gangs­halle der Cité inter­na­tio­nale uni­ver­si­taire de Paris, kurz: Cité U. „Am Anfang wollte ich auf eigene Faust suchen. Doch die Ernüch­te­rung kam ziem­lich schnell. Absage aus dem Stu­den­ten­wohn­heim, dann die vielen unbe­ant­wor­te­ten WG-Anfra­gen … Eine Woche, bevor meine Reise los­ging, hatte ich keine Idee, wo ich wohnen kann.“ Doch kaum war er in Paris, hatte er mit Hilfe des „bureau des rela­ti­ons inter­na­tio­na­les“ seiner Uni, dem Büro für inter­na­tio­nale Ange­le­gen­hei­ten, schon ein Zimmer in der Cité U gefunden.

Zuhause auf Zeit

Die Cité U ist ein uni­ver­si­täts­un­ab­hän­gi­ges Stu­den­ten­wohn­heim im 14. Arron­dis­se­ment. Arron­dis­se­ments sind wie Bezirke, Paris hat davon 20, die sich wie ein Schne­cken­haus auf­bauen. Die ersten zehn sind die teu­ers­ten, weil sie roman­tisch an der Seine, zwi­schen Eif­fel­turm und Notre Dame liegen. Wäh­rend im 15. und 16. Arron­dis­se­ment mit Jugend­stil­häu­sern eher wohl­ha­bende Fami­lien wohnen, gelten das 19. und 20. Arron­dis­se­ment nicht gerade als noble Vor­zei­ge­be­zirke, son­dern als zwie­lich­tig. In ihnen blüht jedoch auch die Kultur und Szene jen­seits der Touristenschwärme.

Der Stu­den­ten­kom­plex Cité U ist im 14. Arron­dis­se­ment zwar nicht gleich neben dem Louvre, aber mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln gut zu errei­chen. Im Kom­plex gibt es 37 Häuser. Jedes steht für eine Natio­na­li­tät, beher­bergt aber auch Stu­den­ten ande­rer Natio­nen. Der 23-jäh­rige Sebas­tian wohnt im fran­zö­sisch-bri­ti­schen Haus. „Ich wollte nicht die ganze Zeit nur deutsch sprechen.“

Im Col­lège Franco-Bri­tan­ni­que können Stu­den­ten schon ab 412 Euro ein Zimmer mieten. Ein Schnäpp­chen auf dem Pari­ser Woh­nungs­markt. Von außen sieht das Col­lège genauso pompös aus wie die Halle, in der jetzt gerade Sebas­tian sitzt. Die Cité U ist ein belieb­tes Ziel für Fern­seh­auf­nah­men mit dem großen Park und den archi­tek­to­ni­schen Schmuck­stü­cken. Es gibt auch eine Mensa und ein Café, eine Thea­ter­gruppe führt regel­mä­ßig Stücke auf, und diverse Sport­grup­pen helfen, den inne­ren Schwei­ne­hund zu besiegen.

Sehnsucht nach Toffifee

Nicht weit von Sebas­ti­ans Haus wohnt Simone. Für die 23-jäh­rige Stu­den­tin war schon am Anfang ihres Mas­ter­stu­di­ums klar, dass sie ein Jahr in Paris wohnen würde: „Ich stu­diere Deutsch-Fran­zö­si­sche Geschichte. Das ist ein Dop­pel­di­plom der Uni­ver­si­tät Bie­le­feld und der Uni­ver­sité Paris 7“. Ein Jahr Deutsch­land, ein Jahr Frank­reich gehö­ren für Simone also genauso zum Stu­dium wie die Biblio­thek und Mensa.

„Ich musste schon im ersten Mas­ter­jahr Sprach­kurse in Frank­reich absol­vie­ren, in dieser Zeit habe ich bereits in der Cité U gewohnt.“ Nach­dem Simone bereits ein Zimmer im japa­ni­schen und im deut­schen Haus hatte, ist sie nun in der Fon­da­tion Suisse unter­ge­bracht. In dem von Le Cor­bu­sier ent­wor­fe­nen Gebäude wohnt sie mit 46 ande­ren Stu­den­ten. „Auf meinem Flur wohnen noch eine Bra­si­lia­ne­rin, ein Nor­we­ger, ein Fran­zose, eine Argen­ti­nie­rin, ein Grie­che und natür­lich viele Schwei­zer.“ Simone genießt das mul­ti­kul­tu­relle Zusam­men­le­ben sehr, das gemein­same Kochen, die DVD-Abende und die vielen Tref­fen zwi­schen Tür und Angel. Natür­lich war es für sie auch eine Umstel­lung, sich in Frank­reich ein­zu­le­ben. „Mir ist erst hier klar gewor­den, wie preis­wert Lebens­mit­tel in Deutsch­land sind.“ Quark und Toffi­fee ver­misse sie beson­ders. Doch dafür kann sie hier jeden Tag in der Mensa ein Drei-Gänge-Menü essen.

Wohnen im Kloster

Ein ganz ande­res Woh­n­er­leb­nis hat Verena. Die gebür­tige Ful­dae­rin macht ein Prak­ti­kum beim Deutsch-Fran­zö­si­schen Jugend­werk in Paris. In dieser Zeit wohnt sie in einem Klos­ter. „Auf die Idee brachte mich ein Freund, der einige Monate zuvor ein Prak­ti­kum in Paris gemacht hatte. Der Pfar­rer unse­res Hei­mat­or­tes, der früher dem Orden ange­hörte, hat die Ver­bin­dung her­ge­stellt.“ Zum täg­li­chen Beten um fünf Uhr mor­gens muss Verena nicht, doch man sollte schon Inter­esse an der dort woh­nen­den Stu­den­ten- und Ordens­ge­mein­schaft haben, wenn man hier leben möchte. Das Klos­ter befin­det sich im 12. Arrondissement.

Verena, die später im deutsch-fran­zö­si­schen Kul­tur­sek­tor arbei­ten möchte, kannte Paris schon vorher. Trotz­dem war es für sie oft ein Schock zu sehen, wie groß die finan­zi­el­len Unter­schiede in den Gegen­den von und um Paris sind. Den­noch würde sie jedem ohne Zögern eine Reise in die Haupt­stadt emp­feh­len: „Es gibt so viel Kultur und Unter­hal­tung.“ Die vielen Kinos, die auch expe­ri­men­telle Filme spie­len, die Kunst­ga­le­rien, die Street-Art-Künst­ler und die klei­nen Thea­ter stel­len für jeden Kul­tur­freund Garten Eden dar.

Die staat­li­chen Museen sind oft für Unter-26-Jäh­rige kos­ten­los. Im Übri­gen lohnt es sich tat­säch­lich in den Louvre zu gehen, da prak­tisch alle Tou­ris­ten nicht weiter als bis zur Mona Lisa oder der Venus von Milos kommen. In den großen Sälen zur ägyp­ti­schen Kunst kann man manch­mal ganz allein schlen­dern. Nach einem kul­tur­rei­chen Tag laden viele Bars und Knei­pen zum Ver­wei­len und Trin­ken ein. Zum Rot­wein gibt‘s dann noch ein Stück Käse.//