Nikoläuse gesucht
In Berlin und Brandenburg lässt sich der Weihnachtsmann seit über 60 Jahren traditionell von Studierenden helfen.
Seit Anfang November öffnet das Weihnachtsmannbüro des Berliner Studentenwerks die Türen wie die Himmelspforte und sucht nach willigen Studenten. Wer sich angemeldet hat, bekommt einen vierstündigen Weihnachtsmann-Workshop, der in die Geheimnisse der Weihnachtsmännerei und Engelei einführt. Bestandteile sind dabei die Kostümkunde, Entertainment, Schauspiel, Kulturgeschichte des Weihnachtsfestes und Tourenplanung. Am 27. November findet eine Vollversammlung der Weihnachtsmänner und Engel statt. Außerdem muss jeder die zu beglückenden Familien selbstständig kontaktieren.
Soziale Ader
Jeder sollte sich vorher klarmachen, was einen perfekten Weihnachtsmann auszeichnet. „Ein Weihnachtsmann sollte in erster Linie kinderlieb sein”, sagt Bernd Skischally, der Projektleiter des Weihnachtsmannbüros. „Er sollte ein Verständnis für die Hintergründe des Weihnachtsfestes besitzen und natürlich ein paar Weihnachtslieder und Weihnachtsgedichte beherrschen.” Außerdem ist ein gewisses schauspielerisches Talent gefragt, um der Rolle als erhabener, weiser, alter Mann gerecht zu werden. „Unsere Weihnachtsmänner müssen natürlich auch Manieren zeigen, gut organisiert und sprachlich auf der Höhe sein”, betont er.
Durch viele Kamine
Der Weihnachtsabend verläuft dann sehr durchgeplant. Der Weihnachtsmann parkt seinen Schlitten (wahlweise Fahrrad, Roller oder Auto), schlüpft in sein Kostüm, holt die Geschenke der Familie am vereinbarten Ort ab und klopft mit lautem „Hohoho” an die Tür. Zur Begrüßung spricht er ein Gedicht, lobt – wenn vorhanden – den Weihnachtsbaum, bittet um eine Sitzgelegenheit und stellt den Sack mit Geschenken vor sich ab. Dann verteilt er die Geschenke und lobt die Kinder. Zum Abschied wird dann meist noch gemeinsam ein Weihnachtslied gesungen, und dann muss er auch schon weiter, denn die nächsten Familien warten.
„Wir bescheren Familien aus allen gesellschaftlichen Schichten”, erzählt Skischally, „vom kleinen Berliner Hausmann bis zur Geschäftsführerin eines Weltkonzerns will jeder einen Weihnachtsmann an Heiligabend haben.” Natürlich bescherten die Weihnachtsmänner in der Vorweihnachtszeit auch in Unternehmen oder Kitas und anderen sozialen Einrichtungen. Auch Studentinnen sind gefragt und nehmen gern die Chance zum Engel-Spielen wahr. „Es bewerben sich immer mehr Frauen als Weihnachtsengel”, weiß Skischally. Noch hielte die Nachfrage nach Engeln damit nicht ganz Schritt, es würde aber versucht werden, dieses Jahr Bescherungen durch Weihnachtspärchen gezielt zu forcieren. Also herrscht mittlerweile auch am Nordpol Gleichberechtigung. Wer schon einmal für später üben, seine soziale Ader unter Beweis stellen oder aus gutem Grund dem Familientreffen bei Braten und zänkischen Tanten entgehen möchte, findet auf der Webseite des Berliner Studentenwerks unter /Jobs/Weihnachtsmann die rettende Lösung.
Weihnachtsmänner
Seit 1949 wurden rund 5.000 Familien mit etwa 10.000 Kindern in Berlin und Brandenburg von Studierenden beschert. Diese Aktion ist weltweit einzigartig. Heute verdient ein Weihnachtsmann bzw. ein Christkind bis zu 400 Euro am Heiligen Abend. Pro Tour sind rund 12 Familien zu versorgen.
Mit Trinkgeld kommen selbst die Neulinge unter den Weihnachtsmännern auf rund 300 Euro. Zur Grundausstattung gehören ein qualitativ ansprechendes Kostüm (ca. 50 Euro, im WM-Büro erhältlich), die Anmeldung bei der studentischen Arbeitsvermittlung (10 Euro) und ca. 15 Prozent Vermittlungsgebühr (bei 400 Euro entfallen 60 Euro). Sonderregelungen gibt es für Freiberufler/innen.