Lernvorteile mit Pillen
Zugeben würde es wohl keiner. Aber die Dunkelziffer scheint hoch zu sein. Studenten versuchen, dem stetig steigenden Leitungsdruck mit Mittelchen zur besseren Konzentration und Steigerung der Leistungsfähigkeit zu begegnen.
Laut einer Analyse der Techniker Krankenkasse (TK) sind zehn Prozent der Medikamente, die Studenten verschrieben bekommen, Antidepressiva. Beim sogenannten Hirndoping kommen vor allem Medikamente zum Einsatz, die eigentlich bei ernsthaften Krankheiten verschrieben werden. Dazu gehören Stimulanzien, Antidementiva oder Beta-Rezeptor-Blocker. Nehmen Studenten solche Wirkstoffe ein, können sie sich bestenfalls mehr Lernstoff merken, länger konzentrieren oder brauchen weniger Schlaf. Die Nebenwirkungen können tödlich sein oder zu schweren Depressionen und Halluzinationen führen.
In der TK-Studie gaben von 3.300 befragten Studenten mehr als ein Drittel an, dass sie unter Konzentrationsstörungen und Gliederschmerzen leiden, rund ein Viertel litt unter Schlafstörungen. Eine Untersuchung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ergab 2010, dass von den befragten 1.035 Schülern und 512 Studierenden rund vier Prozent mindestens einmal mit legalen oder illegalen Mitteln nachgeholfen haben. Der größte Teil, nämlich über die Hälfte, setzt aber auf Koffein. Untersuchungsleiter Klaus Lieb warnt vor Substanzen zum „pharmakologischen Neuroenhancement“. Von Entwarnung mag Lieb nicht sprechen, die Debatte zum Thema Hirndoping ist für ihn überfällig. „Insbesondere wenn man bedenkt, dass mehr als 80 Prozent der befragten Schüler und Studierenden einer leistungssteigernden und frei verfügbaren Pille ohne Nebenwirkungen positiv gegenüber stehen.“