Deutschlandstipendium — Der goldene Topf
Das Deutschlandstipendium sollte eigentlich eine breite Studentenschaft finanziell unterstützen. Doch die Verteilung läuft stockend an.
Das Deutschlandstipendium ist das Vorzeigeprojekt von Annette Schavan. Und es ist sehr begehrt, denn welcher Student lehnt schon 300 Euro zusätzlich im Monat ab? Doch ein Jahr nach Beginn des Stipendienprogramms sehen die Zahlen deutlich schlechter aus als erwartet. 2011 hätten doppelt so viele Studenten gefördert werden können.
Von Idee und Wirklichkeit
Mit dem Deutschlandstipendium sollten die besten zehn Prozent der Studierenden und somit mehr als 150.000 Akademiker einkommensunabhängig gefördert werden. Es ist besonders begabten Studenten vorbehalten, die einerseits im Studium herausragende Noten erbringen und andererseits gesellschaftliches Engagement und herausragende Leistungen mitbringen. Dabei soll die Dauer der Förderung mindestens zwei Semester und höchstens die Regelstudienzeit umfassen. Die 300 Euro im Monat zahlen jeweils zur Hälfte die Hochschulen und private Geldgeber. Genau hier liege laut den Hochschulen das Problem. Sie bemängeln den schwierigen, bürokratischen Prozess, welcher es nicht leichter macht, Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen zu überzeugen, den akademischen Nachwuchs finanziell zu unterstützen. Der Aufwand ist sehr hoch, Kontakt zu Firmen und Stiftungen herzustellen und sie von einem Stipendienprogramm zu überzeugen. Für die Aufgaben sind Angestellte nötig, die wiederum finanziert werden müssten. Außerdem fehle es an genügend willigen Geldgebern, so dass ungefähr ein Drittel des Budgets für Marketing und Schulungen verwendet – oder verschwendet wird, wie SPD-Politiker Klaus Hagemann aufgrund einer parlamentarischen Anfrage im Bundestag kritisierte. Das Bildungsministerium spricht dagegen von Einzelfällen, denn viele Hochschulen würden erst 2012 richtig starten. Das Budget soll in diesem Jahr außerdem auf 36 Millionen Euro steigen, womit 20.000 Stipendien möglich wären. Dass die Umsetzung in diesem Jahr erfolgreicher abläuft, bleibt daher zu hoffen.
Ein Topf mit hohem Rand
Neben der Überzeugung von potentiellen Förderern stellt die Zahl der eigentlich vergebenen Stipendien das größere Problem dar. Der Bund hat mit seinem zum Sommersemester 2011 gestarteten Programm bis jetzt deutlich weniger Studenten erreicht als geplant. Mit 14 Millionen Euro wären 9.500 Stipendien im Jahr 2011 möglich gewesen. Bis November 2011 wurden jedoch lediglich 5.200 Stipendien vergeben. Das bedeutet auch, dass sieben Millionen Euro ungenutzt blieben und nur etwa 0,45 Prozent aller Studierenden ein Deutschlandstipendium erhielten. Von den ehemals erhofften zehn Prozent ist schon längst keine Rede mehr. Mittelfristig sollen nun aber acht Prozent aller Studierenden durch das Stipendium unterstützt werden.
Kleine Hochschulen im Nachteil
An der Humboldt-Universität hatte Schavan 2011 noch den Start des Projektes gefeiert, nun profitieren hier von den möglichen 122 Stipendien lediglich 18 Studenten. Im Wintersemester sollen dann 16 hinzukommen, jedoch bleiben so noch immer 88 Stipendien offen. In Berlin haben bisher 14 Hochschulen das Deutschlandstipendium eingeführt. Die kleineren Hochschulen, die aufgrund ihres geringeren Bekanntheitsgrades Schwierigkeiten haben, Geldgeber zu finden, fehlen. In der Hauptstadt werden derzeit 165 von 637 Stipendien abgerufen. Zu den wichtigsten Einkommensquellen von Studenten gehören noch immer die Eltern, der eigene Verdienst und Bafög. Ein viel zu geringer Anteil wird bisher effektiv durch Stipendien gefördert. Für viele stellen Stipendien ein unerreichbares Ziel dar, da sie aufgrund der Doppelbelastung durch einen Nebenjob in ihrer Leistung beeinträchtigt werden. Kritiker meinen deshalb, dass die Stipendien oft an die Studenten gehen, die schon begütert sind. Solche, die darauf angewiesen wären, hätten dagegen kaum eine Chance.