Alles so schön bunt hier

Farben sehen nicht nur schön aus. Sie sind kul­tu­relle und poli­ti­sche Bot­schaf­ten. Men­schen aller Jahr­hun­derte haben sich herr­lich über sie gestrit­ten. Ein klei­ner Spa­zier­gang durch die Lehre der Farben.

Foto: Albrecht Noack

Mit Farben ist es eine komi­sche Sache. Sie sind über­all und wir spre­chen ihnen Eigen­schaf­ten zu. Doch was Farben sind, das ist schwie­rig zu bestim­men. In der Phi­lo­so­phie des Geis­tes und in Bewusst­seins­theo­rien wird immer wieder das Pro­blem der Erleb­nis­qua­li­tät dis­ku­tiert: Wir wissen, wie eine Rose riecht, wir können die Farbe Rot als Rot iden­ti­fi­zie­ren und zum Bei­spiel von Blau unter­schei­den. Aber wir können die Farbe Rot nicht erklä­ren, ohne sagen zu müssen „die Farbe von Blut“ oder „die Farbe der Liebe“. Wir erle­ben Farben, aber können sie nicht objek­tiv beschrei­ben. Ein Phä­no­men, über das man lange strei­ten kann.

Wie entstehen Farben?

Aber auch auf einer ande­ren Ebene strei­ten sich Gelehrte über Farben: Schließ­lich sind sie ebenso ein phy­si­ka­li­sches Phänomen.

Der Phy­si­ker Isaac Newton hat im 17. Jahr­hun­dert mit Expe­ri­men­ten und scharf­sin­ni­gen Schluss­fol­ge­run­gen offen­kun­dig bewie­sen, dass das weiße Son­nen­licht aus ver­schie­de­nen Farben, Spek­tral­far­ben genannt, besteht, die erst sicht­bar werden, wenn die ein­zel­nen Strah­len gebro­chen werden. Johann Wolf­gang von Goethe fand das rund 150 Jahre später nicht sehr ein­leuch­tend. Hier zeigt sich exem­pla­risch, dass Farben auch immer eine sym­bo­li­sche und kul­tu­relle Bedeu­tung haben. Für Goethe war völlig klar, dass das weiße Licht der Sonne etwas Gött­li­ches und Reines ist und des­halb nicht teil­bar sein kann. So ent­wi­ckelte Goethe seine eigene Far­ben­lehre, laut der die Spek­tral­far­ben durch ein Modi­fi­zie­ren des weißen Lichts, näm­lich einer Über­la­ge­rung von Licht und Dun­kel­heit, ent­stün­den. Obers­tes Prin­zip war auch, dass es immer einer Grenze zwi­schen Hell und Dunkel bedarf, um Farben ent­ste­hen zu lassen.

Farben in der Wissenschaft

Seine unaus­ge­reifte Theo­rie wurde von seinen Zeit­ge­nos­sen nicht ange­nom­men. Und doch beschäf­ti­gen sich heute wieder Wis­sen­schaft­ler und Phi­lo­so­phen mit dem Streit zwi­schen Phy­si­ker Newton und Natur­for­scher Goethe. Und schaut man in den Himmel, findet man schein­bar Hin­weise für beide Theo­rien wieder. Wenn es abends däm­mert und Wolken am Himmel sind, erkennt man bei genauem Hin­schauen einen gelb-roten Saum an den Wol­ken­rän­dern, die die Grenze zwi­schen (hellen) Wolken und (dunk­lem) Himmel dar­stel­len. Den sah auch Goethe. Schaut man sich einen Regen­bo­gen an, der ent­steht, wenn das Son­nen­licht durch die Was­ser­par­ti­kel in der Luft gebro­chen wird, sieht man New­tons Theo­rie wieder. Die Wahr­heit liegt hier wie so oft noch ver­bor­gen vor uns.

Die Regenbogenflagge

Der Regen­bo­gen hatte bereits in der Antike die Gemü­ter der Natur­for­scher bewegt. Heute ist der Regen­bo­gen ein Zei­chen für Tole­ranz und Frie­den. Die inter­na­tio­nale Frie­dens­be­we­gung nutzt den Regen­bo­gen bereits seit 1961 als Symbol. Ursprüng­lich kommt die PACE-Fahne aus Ita­lien, wird jedoch mitt­ler­weile auch welt­weit als Zei­chen des Frie­dens ange­se­hen. Die sieben Farben der Fahne sind von Vio­lett nach Rot angeordnet.

Den Regen­bo­gen kennt man in Berlin vor allem seit dem jähr­li­chen CSD (Chris­to­pher Street Day). Die Regen­bo­gen­fahne wird seit den 70ern als ein inter­na­tio­na­les schwul-les­bi­sches Symbol gese­hen. Die Farben sym- boli­sie­ren „Sexua­li­tät“ (Fuch­sia), „Leben“ (Rot), „Gesund­heit“ (Orange), „Son­nen­licht“ (Gelb), „Natur“ (Grün), „Kunst“ (Türkis), „Har­mo­nie“ (Königs­blau) und „Geist“ (Vio­lett).

Alltägliche Kaleidoskopie

Auch in unse­rem nor­ma­len Leben spie­len die Farben eine große Rolle. Unser poli­ti­sches Bewusst­sein trennt scharf zwi­schen „den Schwar­zen“ (CDU), „den Roten“ (Linke/SPD) und den „Grünen“ (Bünd­nis 90/ Die Grünen). Im Berufs­all­tag gelten Farben als Codes. So ist klar, dass Mit­ar­bei­ter in der Finanz­wirt­schaft oder in Mana­ger­po­si­tio­nen schwarz tragen, als Zei­chen von Unnah­bar­keit und Stärke. Im Super­markt sug­ge­rie­ren grüne Pro­dukt­ver­pa­ckun­gen einen Bio-Bezug. In vielen Berei­chen gibt es von Land zu Land Unter­schiede: Die Farbe der Trauer, die in west­li­chen Län­dern schwarz ist, wird in bud­dhis­ti­schen Kul­tur­krei­sen von Weiß besetzt.

Über Christiane Kürschner (89 Artikel)
2004 bis 2010 Studium (Philosophie, Deutsche Philologie, AVL) an der FU, HU und Uni Bern. 2007 bis 2010 Fachjournalistikstudium. PR-Volontariat bis Juni 2011. Seit Juli 2011 freie Autorin und Texterin. Ihre Leidenschaften: Bücher, Fotografie und Essen- und in allem viel Farben. www.frollein-wortstark.de
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