Schneller Studienabschluss
Wer schnell durch sein Bachelor- und Master-Studium kommen möchte, soll das machen. Entscheidend ist, was man draus macht. Ein Plädoyer.
Ich war angeblich ein Versuchskaninchen. Als ich mein Studium begonnen habe, konnte ich wählen – zwischen Bachelor-Master und Staatsexamen. Ich habe mich für das Bachelor-Studium entschieden und wurde dafür argwöhnisch beäugt. Wie kann man sich freiwillig in dieses zwangsverschulte System eingliedern, das alle Studis durch ihr Studium hetzt? Einige politisch interessierte Freunde erzählten mir, dass mit der Einführung der modularisierten Studiengänge das Ende der Universität, wie wir sie kennen, bevorstünde. Das freie, selbstbestimmte Studium ist nicht mehr möglich; hochschulpolitisches Engagement wird vom ständigen Leistungsdruck erstickt.
Kein Ideal
Ich bin auch kein Fan von Bachelor und Master, und doch habe ich mich dafür entschieden. Um ehrlich zu sein: Vor allem, weil ich nach Berlin wollte und hier das Lehramtsstudium bereits umgestellt war. Trotzdem: Persönlich habe ich kaum Probleme mit meinem Studium gehabt. Ich bin in der Regelstudienzeit fertig geworden und hätte die Uni sogar noch eher verlassen können, hätte ich nicht zwischen- durch zusätzlich mehrere Praktika absolviert. Bin ich einfach nur ein Streber? Vielleicht bin ich mit meinem Bachelor und Master auch nur deshalb so zufrieden, weil ich die alten Studiengänge Diplom, Magister, Staats- examen gar nicht kenne. Und doch habe ich den Eindruck, dass die Leute – meist eines höheren Semesters – , die mir abrieten und später den Kopf geschüttelt haben, einem falschen Ideal vom Studium hinterherträumen: Jeder studiert in Ruhe, für das Durchdringen des hochkomplexen Uni-Stoffs benötigt man schließlich Zeit. Wer sein Studium in der Regelstudienzeit durchzieht, wurschtelt sich irgendwie durch und bleibt dabei doch nur an der Oberfläche. Gerade in den Gesellschaftswissenschaften ist diese Ansicht verbreitet. Dort herrscht noch stärker das Bild vor, vorwiegend wegen des Interesses zu studieren.
Eingebildet ausgebildet
Das ist auch nicht falsch. Ausschließlich für den Beruf sollte niemand studieren. Trotzdem ist es ratsam, zwei Funktionen des Studiums zu unterscheiden: Bildung und Ausbildung. Ich kann mich so informieren, wie ich möchte; andererseits habe ich am Ende ein Zeugnis in der Hand, mit dem ich bessere Chancen auf dem Berufsmarkt habe. Kann man beide Funktionen verbinden, spricht nichts dagegen. Aber gerade in Berlin kann man sich auch außerhalb der Uni bestens bilden. Tausende Möglichkeiten stehen plötzlich in Konkurrenz zu den Uni-Veranstaltungen, die vielleicht nicht langweilig, aber auch nicht gerade spannend wie ein Krimi sind. Was spricht dagegen, sich an der Uni auf das Nötigste zu beschränken und die freie Zeit zu nutzen, um sich wirk- lich nach seinen Interessen und Vorlieben zu bilden? Zumindest in den Sozialwissenschaften lernt man das meiste Wichtige außerhalb der Hochschul-Veranstaltungen. Deswegen darf man die Uni auch ruhig schnell wieder verlassen, wenn man auf einen spannenden Beruf hofft. Wer hingegen lieber das halbe Jahr lang verreist und in der anderen Hälfte dicke Wälzer liest, soll das machen. Deswegen ist der Zwang zu einem kürzerem Studium auch so schlimm. Jeder soll so schnell oder langsam studieren, wie er oder sie möchte. Diese Position muss man verteidigen gegenüber den Karrieristen und Marktradikalen, die glauben, der Staat könne ein längeres Studium nicht finanzieren. Was ausgesprochener Quatsch ist, schließlich kosten 10 Jahre à 5 Vorlesungen genauso viel Geld wie 5 Jahre à 10 Vorlesungen. Diese Position muss man aber leider auch gegenüber den Studis verteidigen, die sich Diplom, Magister und Staatsexamen zurückwünschen und dabei für all diejenigen nur einen abschätzigen Blick über haben, die ihr Studium schnell beenden wollen. Ich bin übrigens gerade fertig geworden.