Ende in Sicht
Über den Rand des Studiums hinauszukommen, fällt manchen schwer.
Neun Semester wollte Sandra studieren, nicht länger. Das hatte sie sich fest vorgenommen. Über Bummelstudenten im 14. Semester hatte sie sich mit ihren Kommilitonen am Anfang ihres Studiums noch lustig gemacht. Mittlerweile haben die meisten ihrer Freunde aus dem ersten Semester bereits ihr Diplom, und Sandra steckt mitten im 12. Hochschulsemester.
„Eigentlich wollte ich mich schon letztes Frühjahr für mein Diplom anmelden“, erzählt sie. „Aber dann fehlte noch ein Schein, und ich war weit davon entfernt, ein Diplomarbeitsthema zu finden.“ Auslandsaufenthalt, Nebenjob, Motivationstief : „Das mit dem Durchziehen des Studiums in der Regelstudienzeit hat dann doch nicht so geklappt“, sagt Sandra.
So wie Sandra geht es vielen Studenten gegen Ende des Studiums, weiß Edith Püschel von der psychologischen Beratungsstelle der FU. Mit Kollegen hat sie vor drei Jahren das „Netzwerk Studienabschluss“ aufgebaut. „Vielen fällt es schwer, die Prüfungsphase in Angriff zu nehmen. Einige Studenten arbeiten bereits und versuchen vergeblich, den Abschluss neben dem Beruf zu packen“, erzählt Püschel. „Andere verlieren sich in Fantasien darüber, wie schlau sie jetzt wären, wenn sie das Studium ernster genommen und mehr gelernt hätten. So etwas kann blockieren.“
Sandra geht es ähnlich: „Wenn ich heute in die Mensa gehe, dann treffe ich dort niemanden mehr, den ich kenne. Alle meine Freunde aus dem Grundstudium sind schon fertig.“ Sie hat deswegen oft Schuldgefühle: „Habe ich mich nicht genug angestrengt? Wie soll ich jemals mein Diplom schaffen, wenn ich regelmäßig Hausarbeiten geschmissen habe? Solche Fragen gehen einem ständig durch den Kopf.“
Mit den auslaufenden Diplom- und Magisterstudiengängen hat sich das Problem der Langzeitstudenten für die Universitäten noch erhöht. In den nächsten Semestern sollen die Bachelor- und Masterprogramme die alten Studienabschlüsse völlig ersetzten – wohin dann mit den Diplom- und Magisterstudenten?
Das „Netzwerk Studienabschluss“ soll möglichst vielen Studenten bei ihren Problemen gegen Ende des Studiums unterstützen. Nicht nur die üblichen Kurse zu Themen wie wissenschaftliches Arbeiten oder Selbstmotivation werden angeboten, sondern auch ein Kurs auf der Internetplattform blackboard, eine Arbeitsgruppenbörse und ein eLearning-Portal.
Auf der Webseite kann sich jeder Lernmodule als Video ansehen und sich dazu gehörige Checklisten, Merkblätter und Zeitpläne herunterladen.
Um die 500 Studenten nehmen am blackboard-Kurs teil. „Wir bekommen sehr positives Feedback“, sagt Edith Püschel. „Für viele ist es hilfreich zu wissen, dass sie nicht alleine sind, und sie sich mit anderen über Ängste und Motivationsprobleme austauschen können.“
Die FU ist mit diesem Netzwerk Vorreiter unter den Universitäten: „Viele andere Unis verlinken uns auf ihren Webseiten oder wollen ähnliche Angebote von uns übernehmen“, so Püschel. Gerade arbeitet sie an einem Onlinekurs zum Thema Abschlussthemen-Findung. Ein Angebot, das auch für Sandra interessant wäre. Sie hat sich fest vorgenommen, sich dieses Semester zur Prüfung anzumelden.
Weitere Informationen:
- Studienberatung an der FU-Berlin: www.fu-berlin.de/studienberatung/e‑learning/netzwerk