Ende in Sicht

Über den Rand des Stu­di­ums hin­aus­zu­kom­men, fällt man­chen schwer.

Neun Semes­ter wollte Sandra stu­die­ren, nicht länger. Das hatte sie sich fest vor­ge­nom­men. Über Bum­mel­stu­den­ten im 14. Semes­ter hatte sie sich mit ihren Kom­mi­li­to­nen am Anfang ihres Stu­di­ums noch lustig gemacht. Mitt­ler­weile haben die meis­ten ihrer Freunde aus dem ersten Semes­ter bereits ihr Diplom, und Sandra steckt mitten im 12. Hochschulsemester. 
Foto: Albrecht Noack

„Eigent­lich wollte ich mich schon letz­tes Früh­jahr für mein Diplom anmel­den“, erzählt sie. „Aber dann fehlte noch ein Schein, und ich war weit davon ent­fernt, ein Diplom­ar­beits­thema zu finden.“ Aus­lands­auf­ent­halt, Neben­job, Moti­va­ti­ons­tief : „Das mit dem Durch­zie­hen des Stu­di­ums in der Regel­stu­di­en­zeit hat dann doch nicht so geklappt“, sagt Sandra. 

So wie Sandra geht es vielen Stu­den­ten gegen Ende des Stu­di­ums, weiß Edith Püschel von der psy­cho­lo­gi­schen Bera­tungs­stelle der FU. Mit Kol­le­gen hat sie vor drei Jahren das „Netz­werk Stu­di­en­ab­schluss“ auf­ge­baut. „Vielen fällt es schwer, die Prü­fungs­phase in Angriff zu nehmen. Einige Stu­den­ten arbei­ten bereits und ver­su­chen ver­geb­lich, den Abschluss neben dem Beruf zu packen“, erzählt Püschel. „Andere ver­lie­ren sich in Fan­ta­sien dar­über, wie schlau sie jetzt wären, wenn sie das Stu­dium erns­ter genom­men und mehr gelernt hätten. So etwas kann blockieren.“ 
Sandra geht es ähn­lich: „Wenn ich heute in die Mensa gehe, dann treffe ich dort nie­man­den mehr, den ich kenne. Alle meine Freunde aus dem Grund­stu­dium sind schon fertig.“ Sie hat des­we­gen oft Schuld­ge­fühle: „Habe ich mich nicht genug ange­strengt? Wie soll ich jemals mein Diplom schaf­fen, wenn ich regel­mä­ßig Haus­ar­bei­ten geschmis­sen habe? Solche Fragen gehen einem stän­dig durch den Kopf.“ 
Mit den aus­lau­fen­den Diplom- und Magis­ter­stu­di­en­gän­gen hat sich das Pro­blem der Lang­zeit­stu­den­ten für die Uni­ver­si­tä­ten noch erhöht. In den nächs­ten Semes­tern sollen die Bache­lor- und Mas­ter­pro­gramme die alten Stu­di­en­ab­schlüsse völlig ersetz­ten – wohin dann mit den Diplom- und Magisterstudenten? 
Das „Netz­werk Stu­di­en­ab­schluss“ soll mög­lichst vielen Stu­den­ten bei ihren Pro­ble­men gegen Ende des Stu­di­ums unter­stüt­zen. Nicht nur die übli­chen Kurse zu Themen wie wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten oder Selbst­mo­ti­va­tion werden ange­bo­ten, son­dern auch ein Kurs auf der Inter­net­platt­form black­board, eine Arbeits­grup­pen­börse und ein eLearning-Portal. 
Auf der Web­seite kann sich jeder Lern­mo­dule als Video anse­hen und sich dazu gehö­rige Check­lis­ten, Merk­blät­ter und Zeit­pläne herunterladen. 
Um die 500 Stu­den­ten nehmen am black­board-Kurs teil. „Wir bekom­men sehr posi­ti­ves Feed­back“, sagt Edith Püschel. „Für viele ist es hilf­reich zu wissen, dass sie nicht alleine sind, und sie sich mit ande­ren über Ängste und Moti­va­ti­ons­pro­bleme aus­tau­schen können.“ 
Die FU ist mit diesem Netz­werk Vor­rei­ter unter den Uni­ver­si­tä­ten: „Viele andere Unis ver­lin­ken uns auf ihren Web­sei­ten oder wollen ähn­li­che Ange­bote von uns über­neh­men“, so Püschel. Gerade arbei­tet sie an einem Online­kurs zum Thema Abschluss­the­men-Fin­dung. Ein Ange­bot, das auch für Sandra inter­es­sant wäre. Sie hat sich fest vor­ge­nom­men, sich dieses Semes­ter zur Prü­fung anzumelden. 
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