Flecken auf unseren Westen

Die Arbeits­be­din­gun­gen in der Tex­til­in­dus­trie sind alles andere als rosig: gerin­ger Lohn, kaum Erho­lungs­zei­ten und man­gelnde Hygie­ne­stan­dards. Des­we­gen wirbt die „Clean Clothes Cam­paign“ für sau­bere Kleidung.

Foto: Albrecht Noack

Im ver­gan­ge­nen Sommer war es soweit: Die Toch­ter­firma Body Fashion Thai­land des Unter­wä­sche­her­stel­lers Tri­umph Inter­na­tio­nal ent­ließ 3.300 Arbei­te­rin­nen, vor­wie­gend Kranke, Schwan­gere und Gewerk­schafts­mit­glie­der. Kein sel­te­ner Vor­gang in Nied­rig­lohn­län­dern wie Thai­land. Erstaun­lich war nur die Reak­tion der Beschäf­tig­ten. Seit ihrer Ent­las­sung nähen die Frauen drau­ßen auf der Straße weiter – und machen mit ihrer „Pro­test­un­ter­wä­sche“ auf die men­schen­un­wür­di­gen Arbeits­be­din­gun­gen in der glo­ba­len Tex­til­in­dus­trie aufmerksam.

Nicht nur die Klei­dung, die in Dis­coun­tern der rei­chen Län­dern zum Tiefst­preis ange­bo­ten wird, son­dern auch teure Mar­ken­tex­ti­lien werden zum über­wie­gen­den Teil in Bil­lig­lohn­län­dern pro­du­ziert. Eine Weiße Weste haben die wenigs­ten Tex­til­kon­zerne. Regel­mä­ßig werden Fälle bekannt, in denen Arbei­te­rin­nen in 16-Stun­den-Schich­ten arbei­ten, von ihrem Lohn trotz­dem nicht den Lebens­un­ter­halt für ihre Fami­lien bestrei­ten können und nicht einen ein­zi­gen freien Tag im Monat haben. Die Unter­neh­men umge­hen gesetz­li­che Vor­schrif­ten kon­se­quent, sei es bei der Arbeits­zeit­be­schrän­kung oder bei Hygiene- und Gesund­heits­stan­dards in der Pro­duk­tion. Die Ein­hal­tung sol­cher Stan­dards würde die Pro­duk­tion verteuern.

Die Arbeit mit den Stof­fen ist häufig gesund­heits­schäd­lich, bei­spiels­weise wenn diese mit gif­ti­gen Mit­teln gefärbt werden oder mit Pes­ti­zi­den behan­delte Baum­wolle zu ver­ar­bei­ten ist. Wer von diesen Arbeits­be­din­gun­gen krank wird, sich gegen sie wehrt oder sich gar in einer Gewerk­schaft zusam­men­schließt, wird ein­fach vor die Tür gesetzt – so wie die Nähe­rin­nen in Thai­land. Gemein­sam mit Akti­vis­ten der „Clean Clothes Cam­paign“, einer Kam­pa­gne für sau­bere Klei­dung, machen sie seit ihrer Ent­las­sung auf die Miss­stände der Näher und Nähe­rin­nen in der Beklei­dungs­in­dus­trie auf­merk­sam und werben für den Kauf von fairer und häufig auch öko­lo­gi­scher Kleidung.

Eine Weiße Weste muss ihrer Mei­nung nach unter ande­rem fol­gende Stan­dards erfül­len: Sie darf nicht durch Kin­der­ar­beit her­ge­stellt sein, soll keine gesund­heits­schä­di­gen­den Stoffe und Farben ent­hal­ten und muss unter Arbeits­be­din­gun­gen pro­du­ziert werden, die eine akzeptable­ Höchst­stun­den­zahl sowie eine ange­mes­sene Bezah­lung und das Recht auf gewerk­schaft­li­che Orga­ni­sa­tion beinhal­ten. Wie bei Bio- und FairTrade-Lebens­mit­teln steigt auch die Nach­frage nach nach­hal­tig her­ge­stell­ter Klei­dung. Bis­lang ist sie über­wie­gend in Online-Shops erhältlich.

Ebenso wie Bio­pro­dukte hat „sau­bere Klei­dung“ ihren Preis. Somit ist es größ­ten­teils Bes­ser­ver­die­nen­den mög­lich, die fairen Tex­ti­lien zu tragen. Zudem fehlt bis­lang ein ein­heit­li­ches Siegel für Klei­dung, die unter fairen Arbeits­be­din­gun­gen pro­du­ziert wurde. Viele Käufer sind daher unsi­cher, welche Stan­dards die Weiße Weste wirk­lich ein­hält. Wer nur in Europa her­ge­stellte Klei­dung kauft, um die Aus­beu­tung in Län­dern wie Indo­ne­sien nicht zu unter­stüt­zen, sollte wissen, dass es für „Made in France“ genügt, wenn die letz­ten Fer­ti­gungs­schritte in Frank­reich gesche­hen – wo die Tex­ti­lien vorher waren, ist im Laden schwer nach­zu­voll­zie­hen. Ein ver­bind­li­ches Siegel, dessen Anfor­de­run­gen im gesam­ten Her­stel­lungs­pro­zess erfüllt werden müssen, würde mehr Klar­heit schaffen.

Wer sich eine Weiße Weste schaf­fen will, ohne dabei viel Geld aus­zu­ge­ben, kann sich bei der Kam­pa­gne für sau­bere Klei­dung enga­gie­ren. Dieses Netz­werk von Nichtregierungsorganisatio­nen setzt sich für bes­sere Arbeits­be­din­gun­gen in der Tex­til­in­dus­trie ein. Eine andere Akti­ons­mög­lich­keit ist, ein­fach mal im Second-Hand-Laden zu stöbern.

Wei­tere Informationen:
www.saubere-kleidung.de