Schwarz auf Weiß: Beste Beziehungen

Mit Samt­hand­schu­hen fasst Gustav Ernst das Thema „Bezie­hun­gen“ nicht an. Ganz im Gegen­teil. An den schärfs­ten Exem­pla­ren von gestör­ter Kom­mu­ni­ka­tion und neu­ro­tisch-gestör­ten Men­schen zeigt er, was pas­siert, wenn sich Bezie­hungs­mus­ter verselbstständigen.

Beste Beziehungen Cover: Haymon Verlag

[amazon asin=3852186773]Beste Bezie­hun­gen von Gustav Ernst
211 Seiten, 19,90 Euro

Lisa und Franz sind ein Paar. Die meiste Zeit redet sie. Sie führt end­lose Mono­loge, und man spürt förm­lich, wie sie ihren Mann nicht zu Wort kommen,  nicht exis­tie­ren lässt, weder in Worten, noch in Taten. Ernst kom­men­tiert die Gescheh­nisse nicht, stülpt ihnen keine Bedeu­tung und mora­li­sche Kate­go­rie über. Es gibt keine ein­zel­nen Kapi­tel, nur Abschnitte, in denen die Per­so­nen immer wieder zum Spre­chen kommen, oder eben nicht. „Früh­ling Nizza, Sommer Male­di­ven. Ver­sprichst du mir Nizza?, sagt Lisa. Komm, Franz, ver­sprich mir Nizza. Wo wir uns auch ein Haus anschauen könn­ten, sagt Lisa, oder? Wieso nicht?, sagt Lisa. Wenn Bau­mann zahlt. Wieso dann nicht Nizza? Wieso kein Haus in Nizza?“

Gesell­schaft­li­che Aner­ken­nung, das Häus­chen im Grünen, der Urlaub auf Malta, die obli­ga­to­ri­schen, aber immer stö­ren­den Kinder. Diese Mixtur kennt man, denn in den Medien, in der Gesell­schaft wird man früher oder später mit ihr kon­fron­tiert. Franz bren­nen irgend­wann die Siche­run­gen durch.

Das Buch funk­tio­niert durch das stak­ka­to­ar­tige Ein­tau­chen in fremde Leben. Man schaut als Leser zu, wie aus den unför­mi­gen Gedan­ken über nackte Knie kon­krete Fakten werden. Der Bezie­hungs­tä­ter hat Pro­bleme mit seiner Männ­lich­keit und folgt dem übli­chen Erklä­rungs­mus­ter: „Sie hat nicht genug bekom­men können. Sie hat mich auf dem Boden sehen wollen. Sie hat mich hilf­los und ver­zwei­felt auf dem Boden liegen sehen wollen, sagt Manuel F.”

Das kennen wir doch?! Von der Recht­fer­ti­gung vom Fremd­ge­hen zum Mord liegen nur ein paar Emo­tio­nen und die falsch­plat­zier­ten Wörter. Auch wenn die bei­spiel­haf­ten Geschich­ten extrem wirken und man nicht darauf vor­be­rei­tet ist, her­aus­zu­fin­den, wie schwer es ist, eine Axt aus einem gespal­te­nen Schä­del zu ‚ope­rie­ren‘. Man bekommt einen Ein­blick in die Ursa­chen für große Dramen, und es wird dem Leser bewusst, dass die Ursa­chen simpel sind, manch­mal tief ver­bor­gen, manch­mal auch nicht.

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Über Christiane Kürschner (89 Artikel)
2004 bis 2010 Studium (Philosophie, Deutsche Philologie, AVL) an der FU, HU und Uni Bern. 2007 bis 2010 Fachjournalistikstudium. PR-Volontariat bis Juni 2011. Seit Juli 2011 freie Autorin und Texterin. Ihre Leidenschaften: Bücher, Fotografie und Essen- und in allem viel Farben. www.frollein-wortstark.de
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