Neues aus dem Poetenladen

“Gern, wenn du willst” ist der neu­este Wurf der Leip­zi­ger Schrift­stel­le­rin Katha­rina Bendixen. 

Alles was aus dem Poe­ten­la­den kommt, ist beson­ders. Den guten Ruf hat der Verlag wie auch Platt­form für junge Poeten nicht für sein Enga­ge­ment son­dern auch für die lie­be­voll erar­bei­te­ten Aus­ga­ben. So leitet das Cover von “Gern, wenn du willst” auch sofort zum her­vor­ste­chen­den Thema der hier ver­sam­mel­ten Erzäh­lun­gen: Bezie­hun­gen — vor allem nicht-funk­tio­nie­rende. Es schei­nen immer Prot­ago­nis­tin­nen zu sein, von denen da erzählt wird. Die eigent­li­chen Themen werden dem Leser nicht fron­tal zuge­schleu­dert. Es ist mehr so, dass Ben­di­xen ein wenig Magie ins Spiel bringt, Unmög­li­ches ein­baut, ein wenig zau­bert. Eine Frau in der Krise sieht zu, wie ein Ring sich um ihre Stadt zieht und sie schließ­lich nicht mehr das Haus ver­las­sen lässt.  Einer unglück­lich kin­der­lo­sen Ehe­frau öffnet sich mitten in der Nacht eine Tür.

Das Kind in dir

So wird die junge Frau, die sich gerade von ihrem Freund getrennt hat (oder er von ihr?) von einem klei­nen Mäd­chen ver­folgt. Nie­mand anders scheint es zu sehen. Der Freund der Frau kam mit ihrer Stadt nicht klar, lebte weiter von ihr ent­fernt. Eine Wochen­end­be­zie­hung, die zu Ende ging. Warum?

Nie war ich auf die Idee gekom­men, es (Das Mäd­chen, C.K.) zu fragen, was es eigent­lich von mir wollte. Ich war auch nie auf die Idee gekom­men, meine Freunde zu fragen, wes­halb mein Freund mir nicht gut tat, oder die Fel­den­krais-Leh­re­rin, was uns alle unser Leben in der früh­kind­li­chen Schutz­hal­tung ver­brin­gen ließ.

Gerade in dieser Frau­en­tag-Woche ist man sen­si­bel für das Thema Mann und Frau, wer will was, wer muss wann Kom­pro­misse ein­ge­hen. Zum Erwach­sen­wer­den aber auch zur Ema­zi­pa­tion gehört es, dass man sagt, was man möchte. Erra­ten was der andere will, das hat noch nie wirk­lich zum Ziel geführt.

Wortlos folgen

Auch in der Erzäh­lung “Ans Meer” geht es darum, über etwas nicht zu reden oder nicht das Rich­tige zu tun, obwohl man es fühlt.

Ver­nünf­tig sein, lautet eine dritte Regel, ver­ant­wor­tungs­be­wusste Ent­schei­dun­gen fällen, auch wenn der Bauch etwas ande­res sagt. (…) Eine andere neue Regel lautet: Mit dem Kopf durch die Wand, das ist noch keinem gelun­gen, und keiner hat ein Kind ohne Geld groß­ge­zo­gen zumin­dest hat mein Freund das noch nie gehört, und seinen Willen setzt er durch.

Nun sitzt die Prot­ago­nis­tin am Meer. Ein Stru­del kostet dort in diesem Sommer vielen Men­schen das Leben. Gehört auch das zur Regel? Ihr Freund ruft sie an und fragt, wie es ihr nun gehe — danach. Ja, wie wohl. Auch ohne viel Worte kann eine Bezie­hung schei­tern. Schuld trägt nie­mand. Oder beide.

Katharina Bendixen

Katha­rina Ben­di­xen lebt  und arbei­tet dort, wo sie 1981 gebo­ren wurde, in Leip­zig. Sie stu­dierte Buch­wis­sen­schaft sowie His­pa­nis­tik. Sie erhielt für ihre Texte einige Aus­zeichnungen, u.a. Debüt­preis des Poe­ten­la­den (2005), eros­t­epost-Lite­ra­tur­preis (2007), Würth-Lite­ra­tur­­preis 2008., Wiener Werk­statt­preis (2009) sowie ein Stipen­dium der Kultur­stiftung des Frei­staats Sach­sen (2009), das Aufent­halts­stipen­dium im Künstler­dorf Schöp­pingen (2010) sowie das Sti­pen­dium Schloss Soli­tude (2011/12).

Katha­rina Ben­di­xen: Gern, wenn du willst. 120 Seiten, Poe­ten­la­den, Leip­zig 2012.

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Über Christiane Kürschner (89 Artikel)
2004 bis 2010 Studium (Philosophie, Deutsche Philologie, AVL) an der FU, HU und Uni Bern. 2007 bis 2010 Fachjournalistikstudium. PR-Volontariat bis Juni 2011. Seit Juli 2011 freie Autorin und Texterin. Ihre Leidenschaften: Bücher, Fotografie und Essen- und in allem viel Farben. www.frollein-wortstark.de
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