Vom Rand in die Mitte

Die Frage nach schwarz oder weiß in Bezug

auf Haut­far­ben spielt im Hip-Hop seit seiner Entstehung

eine zen­trale Rolle. Dass ein weißer Rapper

oder MC erst mal schräge Blicke erntet, zeigte

unter­halt­sam der Film ?8 Mile?. Dort ver­sucht Eminem

als Rabbit, sich als weißer MC auf der Bühne

zu behaup­ten. Das gelingt ihm aller­dings nur, weil

er durch seine Her­kunft ?Street Creds?, also Glaubwürdigkeit

vor­wei­sen kann. Schließ­lich wohnt er

mit seiner Fami­lie in einem aus­neh­mend schäbigen

Teil von Detroit: dem Trai­ler­park 8 Mile.

Solche Filme zeigen: Obwohl Hip-Hop längst im kom­mer­zi­el­len Main­stream eta­bliert ist und in den USA das Genre mit den zweit­höchs­ten Ver­kaufs­zah­len dar­stellt (nach Rock), kann er nur dann über­zeu­gen, wenn er sich auf seine Wur­zeln bezieht. Die liegen tief im Ghetto, ins­be­son­dere der New Yorker Bronx der 1970er Jahre.

Latino-Hip-Hop

Zu den Hin­ter­grün­den der Ent­ste­hung von Hip-Hop und seiner heu­ti­gen Kultur forscht die Wis­sen­schaft­le­rin Susanne Stemm­ler im Rahmen der Metro­po­len­for­schung an der TU. Sie rela­ti­viert einige der gän­gi­gen Kli­schees. So seien zum Bei­spiel nicht nur afro­ame­ri­ka­ni­sche Jugend­li­che betei­ligt gewe­sen: Es gab eine große Gemeinde von Latino-Ein­wan­de­rern in der Süd­bronx, ebenso wie eine große Afri­can-Ame­ri­can-Com­mu­nity. In diesem durch­aus nicht unpro­ble­ma­ti­schen Gemisch ent­stand zuerst die Breakdancer-Szene.”

Dass Hip-Hop zunächst als Sub- und Gegen­kul­tur ent­stand, hatte einen ganz prag­ma­ti­schen Grund: die Aus­gren­zung von Armen aus den eta­blier­ten Clubs, aber auch aus höhe­rer Bil­dung oder Musik­un­ter­richt. In der Folge hat sich die Szene aus dem Aus­schluss eines großen Teils der jungen Men­schen ent­wi­ckelt, aus den Dis­ko­the­ken zum Bei­spiel in Man­hat­tan, deren Preise sie sich nicht leis­ten konn­ten. So fei­er­ten sie ihre ersten Partys auf der Straße und ent­wi­ckel­ten ihre eigene Musik.”

Auch sei der Zusam­men­hang von Hip-Hop und kör­per­li­cher Gewalt, so Stemm­ler, nicht ursprüng­lich ange­legt”, son­dern in den letz­ten fünf Jahren ent­stan­den. Erst mit der Kom­mer­zia­li­sie­rung sei Gewalt zu einem Schlüs­sel­mo­tiv in den Texten gewor­den. Zuvor habe man Hip-Hop gera­dezu als Gegen­teil von Gewalt” bewer­ten können: Anfang der 80er Jahre in der Hoch­zeit des Hip-Hop ver­suchte man, mit­hilfe der Musik die Leute aus den Street-Gangs her­aus­zu­ho­len, die unter­schwel­lig bro­delnde Gewalt in etwas Krea­ti­ves umzu­wan­deln.” Das Graf­fi­ti­sprü­hen, wei­te­res wich­ti­ges Ele­ment der Hip-Hop-Szene, bot ebenso wie das Rappen und Break­dan­cen auf den Block­par­tys Raum für Selbst­ent­fal­tung, soziale Kon­takte und Spaß. Oder ein­fach eine Platt­form, auf der All­tags­pro­bleme aus­ge­drückt werden konn­ten. Ver­fein­dete Gangs trugen ihre Strei­tig­kei­ten in Form von Batt­les verbal aus.

Von New York nach Berlin

Dass es im Leben pro­mi­nen­ter Rapper nicht erst in den letz­ten fünf Jahren gefähr­lich zuge­hen kann, zeigen pro­mi­nente Fälle wie die bis heute unauf­ge­klär­ten Morde an 2Pac und Noto­rious B.I.G. in den 90er Jahren. 

Stemm­lers nächs­tes For­schungs­vor­ha­ben kon­zen­triert sich auf Hip-Hop als Aus­drucks­form von Latino-Ame­ri­ka­nern in New York und tür­ki­schen Immi­gran­ten in Berlin. Die erfolg­rei­chen Rapper Eko Fresh, Kool Savas tragen so unab­sicht­lich viel zu den aktu­el­len Inte­gra­ti­ons­de­bat­ten bei.