Wunschzettel

Wün­schen ist ein­fach. Wün­sche auf­zu­schrei­ben hilft, Prio­ri­tä­ten klar zu setzen und Pläne ernst­haft zu verfolgen.

 

Die Wün­sche der Kinder sind meist klar defi­niert. Sie bewe­gen sich im mate­ri­el­len Bereich von A bis Z – eine Puppe, ein Auto, ein Com­pu­ter­spiel – und sind pro­blem­los erfüll­bar. Wunsch und Erfül­lung liegen dicht bei­ein­an­der und lösen bei Kin­dern eine Art Paw­low­schen Reflex aus. Werden viele Wün­sche erfüllt, führt bereits das Auf­schrei­ben zu Glücks­ge­füh­len und fun­keln­den Augen.

Sym­bo­lisch wünschen

Mit stei­gen­dem Alter drängt die Geschenke-Saison jedoch in den Hin­ter­grund und wird zu einem sym­bo­li­schen Akt. Die Ursa­che liegt unter ande­rem darin, dass man sich die meis­ten Wün­sche selber erfüllt, sobald man das erste Geld ver­dient. Damit ver­liert der Zauber des Wün­schens seine Magie, zumin­dest was mate­ri­elle Dinge betrifft. Denn was heute aktu­ell ist, hinkt schon morgen dem Trend wieder hin­ter­her. Daher greift man bei begehr­ten Dingen lieber sofort zu, statt lang­fris­tige Wunsch­zet­tel anzu­le­gen. Dieser Pro­zess führt zu einem Wandel der Prio­ri­tä­ten und Wün­sche. Imma­te­ri­el­les gewinnt an Bedeu­tung, Gesund­heit, Fami­lie oder Beruf rut­schen auf der Liste nach oben.

Eine Neben­wir­kung dieses Wan­dels ist das Gefühl, das mit den Wunsch­lis­ten der „Erwach­se­nen” ein­her­geht: Die bekann­ten Glücks­hor­mone beim Wün­schen schei­nen sich in das exakte Gegen­teil umzu­keh­ren. Dinge, die Stu­den­ten auf einen Zettel schrei­ben, lösen bei ihnen Stress, Panik und exor­bi­tan­ten Wider­stand aus. Die Wunsch­lis­ten erfah­ren eine Trans­for­ma­tion und werden zu To-Do-Listen mit schein­bar uner­reich­ba­ren Zielen. Dabei kann man diese Listen in drei Kate­go­rien unterteilen.

Wunsch­lis­ten

Auf der ersten Liste werden all­täg­li­che Dinge nie­der­ge­schrie­ben, die rela­tiv kurz­fris­tig erfüllt werden können und den­noch häufig so lange auf dem Schreib­tisch hin und her gescho­ben werden, bis Staub an ihnen haftet. Punkte wie „Müll run­ter­brin­gen”, „ein­kau­fen” oder „Tante Erna anru­fen” sind theo­re­tisch an einem Nach­mit­tag erle­digt, den­noch werden sie zu sehn­li­chen Wün­schen, die nur leider kein Frem­der erfül­len wird.

Dane­ben gibt es Listen mit mit­tel­fris­ti­gen Wün­schen, die eine Art Fahr­plan für die abseh­bare Zukunft sind: Recht­zei­tig mit Lernen anfan­gen, eine wei­tere Spra­che lernen oder ein Prak­ti­kum machen. Solche Listen werden in der Regel immer länger, mal hakt man etwas ab, mal fängt man eine neue Liste an, weil die Über­sicht ver­lo­ren ging. Etwas Dis­zi­plin gehört dazu, die ein­zel­nen Punkte nicht immer weiter raus­zu­schie­ben, ganz nach dem Motto: was du heute kannst besor­gen, schaffst du locker auch noch morgen. Denn jeder ist der Herr seiner Wün­sche in dieser Kate­go­rie und ver­dient wenig Mit­leid, wenn die Wün­sche uner­füllt bleiben.

Die dritte Liste zeich­net sich durch lang­fris­tige Ziele aus, deren Erfül­lung nicht nur in unse­ren Händen liegt. Es geht um Part­ner, Kar­riere, Gesund­heit oder Welt­frie­den. Man kann einen Teil dazu bei­tra­gen, doch ein enormer­ Anteil liegt außer­halb unse­res Ein­fluss­be­reichs. Daraus resul­tiert eine gewisse Unge­duld. Man will eigent­lich alles von jetzt auf gleich und vor allem die Fäden selbst in der Hand halten. Doch oft ver­ste­cken sich gerade die besten Gele­gen­hei­ten auf unplan­ba­ren Ter­rain, daher macht das Fest­hal­ten an seinen star­ren Listen oft blind für spon­tane Chancen.

Der Sinn des Aufschreibens

Beim Auf­schrei­ben von Gedan­ken beschäf­tigt man sich einer­seits inten­siv mit seinen Erwar­tun­gen, Sehn­süch­ten und Träu­men. Ande­rer­seits dienen die Listen als Erin­ne­rungs­hilfe und hin­ter­las­sen ein Glücks­ge­fühl beim Abha­ken. Der moderne Wunsch­zet­tel fun­giert also als Refle­xi­ons­hilfe – nicht nur zu Weihnachten!