Sometimes we sit and think and sometimes we just sit
62. Berlinale „Sometimes we sit and think and sometimes we just sit“ in Perspektive Deutsches Kino — Für Langzeit-Chiller und Aussteiger
Das sagt das Programm:
Ein 50-jähriger Mann, eigentlich noch in der spätsommerlichen Blüte seines Lebens, zieht sich mir nichts, dir nichts aus der Erwerbstätigkeit zurück, mietet sich in ein Seniorenheim ein und verbringt fortan die Tage am liebsten heiter tatenlos im gedämpften Licht der zugezogenen Vorhänge.
Die Ausgeglichenheit des Neuen aber versetzt seine Umgebung zusehends in Unruhe: Ein junger Pfleger sucht die Gesellschaft des Mannes und verbringt in schweigender Eintracht wunderbare Momente mit ihm; eine alte Dame, ebenfalls Bewohnerin des Heims, schaut immer häufiger auf ein warmes Getränk vorbei; und auch der zuständige Arzt beginnt, sich mit diesem seltsamen Fall eines „eingebildeten Alten“ zu befassen. Natürlich steigt umso größere Ratlosigkeit in ihm auf, je fester sein Gegenüber alle professionelle Fürsorge einfach an sich abperlen lässt.
Gesteigertes Unbehagen empfindet schließlich auch der Sohn des Mannes, der sich von seinem Vater verraten glaubt und mehrere Anläufe unternimmt, ihn zur Rückkehr zu bewegen.
Das sagen wir:
„Sometimes we sit and think and sometimes we just sit“ wird auf der 62. Berlinale zusammen mit den mittellangen Spielfilmen „Tage in der Stadt“ und „Trattoria“ gezeigt. „Sometimes we sit and think and sometimes we just sit“ ist ein Film von Julian Pörksen, Absolvent der Hochschule für Musik und Theater Leipzig.
Was wäre, wenn du einfach stehen bleiben würdest, wenn alle anderen weitergehen? Dieser Frage widmet sich Julian Pörksen. Nur bleibt der Held seines Films nicht stehen, sondern sitzen. Und bewegt sich von da an nicht mehr aus seinem Zimmer. Peter René Lüdicke spielt diesen bemerkenswerten Charakter, der sich in seinen besten Jahren ein Zimmer im Altersheim sucht, mit Vollverpflegung und regelmäßigen medizinischen Untersuchungen. Den Pfleger Guido (Eike Weinreich, u.a. in “Neue Vahr Süd”) fasziniert er durch seine Art, seine Nachbarin sieht in ihm die späte Jugendliebe. Der Arzt und der Sohn des Mannes gewinnen dieser Idee nicht viel ab, in ihrer leistungsorientierten Welt geht es ihnen schwer in den Kopf, dass man kein Ziel und keinen Antrieb hat, sondern bloß in einem abgedunkelten Raum sitzt — und nicht mehr tut.
Mit “Tage in der Stadt” noch im Hinterkopf, fällt bei “Sometimes we sit and think and sometimes we just sit” seine lebensnahe Optilk auf. Die BIlder schienen direkt aus der Kamera zu kommen, keine weitere Instanz scheint sich zwischen den Zuschauer und dem Geschehen auf der Leinwand zu zwängen. Man meint eine Live-Dokumentation zu sehen, kein Hochglanzkino. Das Unkonventionellste dieses Films ist jedoch sein Mut zur Apathie — denn gerade diese Apathie entwickelt dank der Personen im Altersheim eine paradoxe Spannung.
Julian Pörksen, Dramaturgieabsolvent in Leipzig, widersetzt sich allen Regeln, die er jahrelang gebüffelt hat, und lässt seinen Hauptcharakter keinerlei Veränderung durchmachen. Er agiert nicht, er scheint nicht mal auf seine Umwelt zu reagieren, und genau das verstört den Arzt, den Sohn und den Zuschauer.
Ein Film für:
Langzeit-Chiller und Unangepasste
Wann im Programm?
- Mo 13.02. 19:30 CinemaxX 3 (E)
- Di 14.02. 13:00 Colosseum 1 (E)
- Di 14.02. 20:30 CinemaxX 1 (E)